Dirk Hessel, seit Mitte Juli 2015 neuer Vorstandschef von
co.don, hat vom Aufsichtsrat eine klare Botschaft mit auf den Weg bekommen. Seine Aufgabe ist es, aus dem eher wissenschaftlich geprägten Spezialisten für Knorpelgewebe eine kommerzielle Organisation zu formen. Dabei ist co.don alles andere als ein Start-up aus der Biotech-Szene. Der Börsengang am Neuen Markt erfolgte bereits am 14. Februar 2001. Und ein eigenes Produkt hat co.don mit dem Knorpelpräparat „
co.don chondrosphere” auch – sogar schon seit einer halben Ewigkeit. Mehr als 8.000 Patienten – meist mit Knieschäden und ganz überwiegend in Deutschland – haben sich bereits für die Therapie mit dem Aufbau von körpereigenem Knorpelgewebe entschieden. Dennoch kreisen die Erlöse mit zuletzt knapp 4,5 Mio. Euro noch immer in überschaubaren Bahnen. Dabei verbrennt das Unternehmen seit dem IPO konsequent Geld. Im Schnitt der vergangenen fünf Jahre waren es etwa 2 Mio. Euro jährlich. Das sieht auf den ersten Blick nach einem chronischen Defizitpatienten aus. Doch der Eindruck täuscht. Um für co.don chondrosphere endlich auch eine EU-weite Zulassung zu bekommen, hat co.don bereits vor geraumer Zeit zwei klinische Studien angestoßen. Dabei geht es um die Dosisbestätigung sowie den Therapievergleich mit der sogenannten Mikrofrakturierung, die das Gelenk anregen soll, selbst neuen Knorpel zu bilden. Bislang hat co.don bereits deutlich mehr als 8 Mio. Euro in die Studien investiert. „Ich rechne damit, dass wir am Ende auf eine Summe von rund 12 Mio. Euro kommen werden”, sagt Hessel im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de. Wenn alles hinhaut, ist der Europa-Start dann für Ende 2017/Anfang 2018 geplant.
Die Vorbereitungen dafür laufen aber schon jetzt auf Hochtouren. Dabei geht es nicht nur um den Etappenplan für den Roll-out in Europa. Letztlich setzt Hessel, der zuvor bei
Bayer Healthcare und dem Pharmaunternehmen
Grünenthal tätig war, den Hebel wesentlich länger an: „Wir müssen das Umsatzlevel auf ein anderes Niveau bringen.” So schiebt Hessel den Vertrieb insbesondere auch in dem so wichtigen Heimatmarkt Deutschland kräftig an. Das heißt: Die zurzeit rund 200 zertifizierten Kliniken werden wesentlich intensiver angesprochen. Bislang hatte sich das im
brandenburgischen Teltow angesiedelte Unternehmen hier auf eine relativ kleine, aber dafür hochverschreibende Gruppe von Krankenhäusern konzentriert – im Prinzip aber viel Geschäft liegen gelassen. Außerdem: Galt die Therapie mit eigenem Knorpelgewebe lange Zeit als eine Art letzter Rettungsanker vor dem Implantat eines künstlichen Gelenks, will Hessel die Anwendung künftig auch als prophylaktische Maßnahme bei Patienten mit Knorpelschäden im Frühstadium positionieren. Eine ganz wichtige Aufgabe sieht der studierte Wirtschaftswissenschaftler aber auch darin, co.don stärker als Marktführer zu positionieren – im Selbstverständnis und in der Außenwahrnehmung.
Um genügend Muskelmasse für die Umsetzung dieser vier strategischen Treiber aufzubauen, führt co.don derzeit eine Kapitalerhöhung durch. Vom 4. bis 18. November 2015 werden knapp 2,5 Millionen neue Anteilscheine zu einem Stückpreis von 2,00 Euro angeboten. Dabei erhalten Aktionäre für je elf alte Papiere das Recht, zwei neue Aktien zu erwerben. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, einen Überbezug anzumelden. Letztlich sollen dem Unternehmen brutto knapp 5 Mio. Euro zufließen. Diese Summe entspricht übrigens fast genau der Größenordnung aus der jüngsten Finanzierungsrunde vom Frühjahr 2014, als co.don 2,6 Millionen neue Aktien zu je 1,90 Euro ausgab. Damals war die Maßnahme deutlich überzeichnet. Boersengefluester.de geht daher davon aus, dass co.don auch diesmal alle Stücke platzieren wird – selbst wenn eine neuerliche Kapitalerhöhung noch zur Vorlage des 2014er-Geschäftsberichts Mitte 2015 unter Führung von Andreas Baltrusch als nicht notwendig betrachtet wurde. Letztlich kommt die Expansionsstrategie von dem jetzigen Firmenlenker Hessel aber durchaus überzeugend rüber.
Interessantes Detail am Rande: Der
co.don-Großaktionär und Aufsichtsratsvorsitzende Bernd Wegener, der gleichzeitig auch Vorstandsmitglied im Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie ist, führt für die von ihm geführte
Deutsche Biotech Innovativ (WKN: A0Z25L) zurzeit ebenfalls einen Kapitalerhöhung durch. Dabei geht es sogar um ein Volumen von brutto rund 20 Mio. Euro. Der Titel ist derzeit allerdings nur im Primärmarkt Düsseldorf gelistet. Und verglichen mit co.don ist die im Bereich Sepsis tätige Deutsche Biotech Innovativ noch ein echter Hoffnungsträger, der von einem eigenen Produkt noch weit entfernt ist. Eine direkte Verbindung zwischen beiden Kapitalerhöhungen gibt es dem Vernehmen nach aber nicht. Wichtig für die Wahrnehmung der co.don-Aktie am Kapitalmarkt ist, dass es immerhin zwei aktuelle Research-Berichte gibt: von
Warburg (Kursziel: 4,40 Euro) und
Sphene Capital (Kursziel: 3,70). Wie bei allen kleineren Biotech-Aktien, gilt aber auch für co.don: Den enormen Chancen stehen stattliche Risiken gegenüber. Dementsprechend gut dosiert sollte der Depotanteil gewählt werden.
Foto: co.don (Reinraumanlage)...