Preisfrage: Was haben
United Internet,
Hugo Boss,
Rational,
Delticom und
CTS Eventim gemeinsam? Auf den ersten Blick ist es wohl nur die Tatsache, dass sie alle in einem Auswahlindex (MDAX, SDAX oder TecDAX) der Deutschen Börse vertreten sind und bei Investoren einen tadellosen Ruf genießen. Auffällig ist aber noch ein ganz anderer Punkt: Mit einem durchschnittlichen Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) vonfast 18 wirbelt das Quintett die herkömmlichen Bewertungsrelationen gehörig durcheinander. Aber wie kommt es, dass ausgerechnet der Internetdienstleister United Internet (KBV: 31,3), Hugo Boss (KBV: 16,2), der Küchenausrüster Rational (KBV: 15,4), der Online-Reifenhändler Delticom (KBV: 17,3) und der Konzertticketspezialist CTS Eventim (KBV: 9,4) dermaßen stark von der Norm abweichen? Zum Vergleich: Nach Berechnungen von
boersengefluester.de liegt das durchschnittliche Kurs-Buchwert-Verhältnis der 160 Unternehmen aus der DAX-Familie bei rund 3,3.
Die meisten Anleger haben vermutlich im Hinterkopf, dass ein Blick auf den Buchwert besonders dann lohnt, wenn das KBV kleiner als eins ist. Laut der Datenbank von boersengefluester.de notieren derzeit rund 130 heimische Aktien unterhalb ihres Buchwerts. Gemessen an der Gesamtzahl entspricht das einer Quote von rgut 20 Prozent. Etliche Papiere haben sich sogar meilenweit von ihrem Buchwert entfernt und kommen auf Abschläge von 50 bis 90 Prozent. Und trotzdem liegen sie wie Blei in den Regalen. Wer käme schon auf den Gedanken, sich die Aktien von schwer kriselnden Unternehmen wie
3W Power oder
Solarworld nur aufgrund ihres Buchwerts ins Depot zu legen? Aber auch Stromversorger, Stahlwerte und Banken werden regelmäßig mit einem Abschlag auf das Eigenkapital gehandelt. Hinzu kommt eine große Gruppe von chronisch „fußkranken“ Gesellschaften. Offensichtlich taugt das KBV als alleiniges Anlagekriterium nur sehr bedingt. Schon gar nicht, wenn bei dem Kriterium der Substanzaspekt im Vordergrund steht. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass besonders niedrige KBVs gar auf ein höheres Insolvenzrisiko hindeuten.
Wie zieht man als Privatanleger also die richtigen Schlüsse aus dem Buchwert-Kriterium? Zunächst einmal können in den Buchwert – im wesentlichen handelt es sich hierbei um das ausgewiesene Eigenkapital, bereinigt um Anteile Dritter – nur Posten einfließen, die vorher auch bilanziell berücksichtigt worden sind. Damit bleiben wichtige immaterielle Posten wie etwa Patente, der Markenname oder das Humankapital in Form besonders gut ausgebildeter Angestellter außen vor. Laut einer von Millward Brown veröffentlichen Studie kommt Hugo Boss 2013 auf einen Markenwert von 3,52 Mrd. Dollar. Das sind umgerechnet etwa 2,64 Mrd. Euro. Zur Einordnung: Der gesamte Börsenwert des Modeunternehmens beträgt zurzeit knapp 6,86 Mrd. Euro. Bei Rational hingegen honorieren die Investoren den Marktanteil von ansehnlichen 54 Prozent. Diese dominante Stellung erlaubte es der in Landsberg am Lech ansässigen Firma, mit einer traumhaften operativen Marge von zuletzt 28 Prozent zu agieren. Bei United Internet würde der reine Buchwert wohl ebenfalls nur ein sehr lückenhaftes Abbild des gesamten Unternehmenswerts skizzieren. Gemessen an der Marktkapitalisierung von rund 5,51 Mrd. Euro verfügt der TecDAX-Konzern beispielsweise über ein Sachanlagevermögen von lediglich 113 Mio. Euro. Zudem ist United Internet in der Lage, mit vergleichsweise wenig Eigenkapital ein sehr großes, und zudem noch enorm profitables, Rad zu drehen.
Offensichtlich besteht eine enge Korrelation zwischen der „Substanzkennzahl“ Kurs-Buchwert-Verhältnis und der Profitabilität der einzelnen Unternehmen. So kommen United Internet, Hugo Boss, Rational, Delticom und CTS Eventim auf eine Eigenkapitalrendite von durchschnittlich immerhin 41,5 Prozent. Zum Vergleich: Die Relation von Jahresüberschuss zum ausgewiesenen Eigenkapital beträgt gemäß der Datenbank von boersengefluester.de bei der Gesamtheit der profitabel arbeitenden deutschen Unternehmen zurzeit „nur“ rund 13,5 Prozent. Auffällig ist, dass KBV-Spitzenreiter United Internet auch bei der Eigenkapitalrendite mit rund 55 Prozent ganz vorn zu finden ist. Und so überrascht es wohl kaum, dass die fünf Aktien aus der deutschen Indexlandschaft mit dem höchsten Kurs-Buchwert-Verhältnis auch gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) recht stattlich bewertet sind. So kommt das Quintett immerhin auf ein KGV von fast 20. Das mag im Einzelfall in der Tat zu hoch sein, wichtig an dieser Stelle ist jedoch, das Zusammenspiel von Buchwert und Rentabilität zu erkennen.
Fazit für Privatanleger: Natürlich hat das KBV weiterhin seine Berechtigung, und insbesondere im DAX hat sich der Buchwert in Krisenzeiten als guter Indikator für eine mögliche Trendwende nach oben erwiesen. Anleger, die auf der Suche nach günstigen „Buchwert-Aktien“ sind, sollten ihr Raster aber nicht eindimensional auf „kleiner 1“ stellen. Vielmehr gilt es Papiere auszumachen, bei denen eine hohe Eigenkapitalrendite mit einem vergleichsweise niedrigen KBV einhergeht. Dabei kann das KBV durchaus Werte im Bereich um zwei oder sogar darüber annehmen. Kritisch wird es allerdings, wenn Firmen trotz hohen KBVs nur unterdurchschnittliche Rendite erzielen und gleichzeitig auch noch die Dividenden reduzieren.
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