Noch ist es nur eine Ankündigung. Doch mit der Meldung, wonach die The Payments Group den Einstieg in den Markt für Stablecoins prüft, sorgt das in Frankfurt ansässige Unternehmen definitiv für Schlagzeilen. Im Interview verrät CEO Christoph Gerlinger, was ihn genau zu diesem Schritt angetrieben hat und welche Expertise vorhanden ist. In diesem Zusammenhang womöglich interessant: Am 26. März 2019 erschien in der Börsen-Zeitung ein Gastbeitrag von Christoph Gerlinger – damals noch in der Funktion als CEO der Vorgängergesellschaft German Startups Group – mit dem Titel: „Den Märkten steht eine Tokenisierungswelle bevor“. Ebenfalls wichtig aus Investorensicht: die Analysten von mwb Research haben kürzlich ein Update zur Aktie der The Payments Group mit einem um 30 Cent erhöhten Kursziel von 1,80 Euro veröffentlicht.
Herr Gerlinger, bei der The Payments Group ist gerade viel in Bewegung. Vor wenigen Tagen erst haben Sie die Kooperation mit Bluecode im Bereich Bezahlsysteme kommuniziert. Jetzt kündigen Sie an, den Einstieg in den Markt für Stablecoins prüfen zu wollen. Was bedeutet dieser Schritt?
Christoph Gerlinger: Das ist für uns eine bedeutende strategische Option. Stablecoins sind einer der am schnellsten wachsenden Bereiche im globalen Finanzsystem. Mit unserer Entscheidung prüfen wir jetzt ganz konkret und mit Hochdruck, ob die The Payments Group Holding-Gruppe selbst eigene Stablecoins ausgeben kann, also die tatsächlichen und regulatorischen Voraussetzungen dafür erfüllt. Unser Ziel ist es, bei positivem Ergebnis der Prüfung frühzeitig eine haltbare Position in diesem Milliardenmarkt einzunehmen, bevor dieser Kuchen aufgeteilt ist. Das wäre ein Meilenstein für unsere Unternehmensentwicklung.
Bereits im März 2019 haben Sie in einem Gastbeitrag für die Börsen-Zeitung geschrieben, dass nach den ETFs eine Tokenisierungswelle bevorsteht – mit einem breiten Spektrum an Stablecoins. Jetzt, sechs Jahre später, prüfen Sie selbst, ob Ihre Gruppe in diesen Markt einsteigt. Fühlen Sie sich bestätigt?
Christoph Gerlinger: Bei aller Bescheidenheit – ja. Schon damals habe ich die Vorteile gesehen: Stablecoins verbinden die Sicherheit bestimmter Assetklassen wie zum Beispiel Leitwährungen mit der Flexibilität und anderen Vorteilen digitaler Assets. Deren Verwahrung durch bloße Speicherung auf digitalen Medien verursacht keine Kosten. Ihre Übertragung geht ohne jede Verzögerung in Echtzeit vonstatten und verursacht ebenfalls kaum Kosten. Ihre Übertragung ist nicht an geografische Hemmnisse oder politische Grenzen gebunden – Kryptowährungen sind ,,freies Geld‘‘ und auch der großen Zahl von Menschen in den Teilen der Welt zugänglich, die noch unbanked sind, also kein stabiles Finanzsystem oder keine stabile Heimatwährung aufweisen, oder in deren Heimat Besitz-, Kapitalverkehrs- oder Devisenverkehrsrestriktionen gelten. Bei der Übertragung von Coins fallen weder Mehrwert- noch Verkehrssteuern an. Sie werden 24/7 rund um die Uhr gehandelt. Nicht zuletzt sind sie sind vor staatlichem Zugriff geschützt. Genau das wird jetzt bei leitwährungsgebundenen Stablecoins Realität – und die regulatorischen Rahmenbedingungen sind endlich so weit, dass wir diese Vision umsetzen können.
Warum wollen Sie gerade jetzt in den Markt für Stablecoins einsteigen?
Christoph Gerlinger: Der Zeitpunkt könnte besser nicht sein. Stablecoins haben aktuell eine Marktkapitalisierung von rund 270 Milliarden US-Dollar, und das jährliche Transaktionsvolumen liegt bereits bei etlichen Billionen US-Dollar, allein im ersten Quartal 2025 mehr als 6 Billionen US Dollar, und damit mehr als beim globalen Kreditkartennetzwerk Visa, Tendenz stabil rapide steigend. Marktforscher erwarten, dass der Marktwert von Stablecoins bis 2030 auf mehrere Billionen US-Dollar anwachsen kann. Europa hinkt stark hinterher. Ein Grund für unsere Entscheidung liegt auch in der geopolitischen Entwicklung: In den USA hat Präsident Donald Trump schon im Januar 2025 eine Executive Order unterzeichnet, die digitales Zentralbankgeld, Central Bank Digital Currency (CBDCs) untersagt, private Stablecoins aber ausdrücklich und nachhaltig begrüßt und fördert. Am 18. Juli 2025 folgte dann der Guiding and Establishing National Innovation for U.S. Stablecoins (GENIUS) Act, ein Gesetz, das erstmals klare Rahmenbedingungen für Stablecoins geschaffen hat – insbesondere die Anforderung einer 1:1-Deckung mit US-Dollar oder US-Staatsanleihen, strenge Anti-Geldwäsche-Regeln und Transparenzauflagen. Stablecoins gehören bereits zu den größten Haltern von US Treasury Notes.
Die USA haben also einen deutlichen Vorsprung.
Christoph Gerlinger: Ja. Mehr als 90 Prozent aller Stablecoins sind aktuell an den US-Dollar gekoppelt. Europa läuft Gefahr, in diesem Bereich völlig von den USA abgehängt und somit abhängig zu werden. Auch die Europäische Zentralbank hat kürzlich gewarnt, dass eine starke Dominanz von Dollar-Stablecoins die monetäre Souveränität Europas bedrohen könnte. Genau hier sehen wir unsere Chance: Wir prüfen, ob wir einen europäischen Stablecoin erfolgversprechend auf den Weg bringen können, Markets in Crypto-Assets Regulation-lizensiert (MiCAR), also reguliert und transparent, also sicher und vertrauenswürdig – und damit eine Alternative schaffen.
Christoph Gerlinger: In der künftigen Struktur unserer Gruppe besitzen wir umfassendes DigiDigital-Payment-Know-how dürften wir über die wesentlichen regulatorischen und tatsächlichen Ausgangsvoraussetzungen verfügen, insb. die technologischen. Unsere unternehmerische Erfahrung bei der Umsetzung innovationsgetriebener Geschäftsmodelle nebst mehreren Aktienemissionen und unsere Börsennotierung dürften ebenfalls nicht schaden. Aber: Das Stablecoin-Projekt prüfen wir unabhängig von der bestehenden Infrastruktur der The Payments Group, also der vier kooperierenden FinTech- und PayTech-Unternehmen, deren Akquisition wir im August 2024 vereinbart haben und die wir zeitnah closen wollen.
Sie haben Professor Dr. Ralf Wandmacher als Berater mandatiert. Warum gerade er?
Christoph Gerlinger: Ralf Wandmacher gilt als einer der führenden Kryptowährungs-, Blockchain- und Tokenisierungs-Experten in Europa. Wir kennen und schätzen uns bereits seit einigen Jahren. Er vereint das State-of-the-Art-Wissen über Kryptowährungen, Blockchain und Tokenisierung mit praktischer Erfahrung und hat zahlreiche Projekte im Blockchain- und Fintech-Sektor begleitet, darunter in jüngster Zeit auch Stablecoin-Projekte, sehr erfolgreich. Seine Aufgabe ist es, für uns eine Machbarkeitsstudie zu erstellen – regulatorisch, technisch und wirtschaftlich. Für uns ist entscheidend, dass wir ein Projekt aufsetzen, das regulatorisch, technisch und wirtschaftlich tragfähig ist. Deshalb haben wir uns bewusst für die Hinzuziehung eines der kompetentesten Experten entschieden.
Wie groß ist der Druck, den die Entwicklungen in den USA auf Europa ausüben?
Christoph Gerlinger: Sehr groß. Mit der Executive Order von Donald Trump im Januar 2025 und dem GENIUS Act im Juli 2025 haben die USA die Richtung vorgegeben. Dort sind private Stablecoins nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. Die Akteure haben damit Klarheit – und handeln schnell. Europa kann es sich nicht leisten, hier tatenlos zuzusehen. Die EZB hat ausdrücklich gewarnt, dass die Dominanz von Dollar-Stablecoins die europäische Geldpolitik und den Euro schwächen könnte. Deswegen braucht Europa dringend eigene Lösungen und ein eigenes, vielfältiges Universum an Stablecoins – und zwar nicht erst in ein paar Jahren, sondern jetzt.
Wie exklusiv ist der Markt in Deutschland und Europa derzeit?
Christoph Gerlinger: Extrem exklusiv. In ganz Deutschland gibt es aktuell nur einen einzigen Emittenten mit BaFin-Zulassung für Stablecoins: AllUnity. In ganz Europa gibt es gerade einmal zwölf Euro-basierte Stablecoins europäischer Emittenten, mit unterschiedlichen Anwendungsgebieten. AllUnity ist ein Start-up mit rund 30 Mitarbeitern, das Anfang Juli 2025 von der BaFin die erforderliche Lizenz als E-Geld-Institut erhalten hat. Hinter AllUnity stehen starke Gesellschafter: DWS (Deutsche Bank-Gruppe), das niederländische Handelshaus Flow Traders sowie der internationale Kryptospezialist Galaxy Digital. Das zeigt, wie hoch die Eintrittshürden sind. Aber es zeigt auch, welches Potenzial entsteht, wenn man diese Hürden nehmen kann: Man gehört sofort zu einem sehr kleinen Kreis von Anbietern. Sollte es uns gelingen, einen MiCAR-lizensierten, Euro-basierten Stablecoin auszugeben, wären wir einer der wenigen europäischen Player, die in diesem hochattraktiven Markt aktiv sind.
INVESTOR-INFORMATION
©boersengefluester.de
The Payments Group Holding
WKN
ISIN
Legal Type
Marketcap
IPO
Recommendation
Located
A1MMEV
DE000A1MMEV4
GmbH & Co. KGaA
11,51 Mio €
11.11.2015
Halten
Welche Chancen sehen Sie konkret für die The Payments Group Holding und ihre Aktionäre?
Christoph Gerlinger: Stablecoins sind längst nicht mehr nur ein Nischenprodukt für Internet- oder Crypto Geeks. Sie bewegen bereits heute Billionen US-Dollar pro Jahr und sind für viele Investoren, Händler und Verbraucher unverzichtbar geworden. Für uns würde das bedeuten, ein komplett neues Geschäftsfeld zu erschließen – eine enorme Wachstums- und Gewinnerzielungschance. Wir sind überzeugt, dass wir dafür sehr gut aufgestellt wären. Hinzu kommt: Unsere aktuelle Bewertung scheint dieses Potenzial noch überhaupt nicht widerzuspiegeln. Es gibt aktuell nur 11,4 Millionen ausstehende Aktien. Das ergibt bei den aktuellen Kursen von leicht über 1 Euro eine Marktkapitalisierung von 11,4 Mio. Euro. Auf fast allen Finanzwebseiten findet man dazu unzutreffende Angaben, auf Basis von 46,3 Mio. Aktien gerechnet. Das ist zwar die ins Handelsregister eingetragene Gesamtzahl, aber 34,9 Millionen Aktien liegen als sogenannte eigene Aktien in unserem eigenen Depot. Auch die Analysten sehen unsere Entwicklung positiv: mwb Research hat unsere Aktie am 19. August von Hold auf Buy heraufgestuft und das Kursziel von 1,50 auf 1,80 Euro erhöht. Wohlgemerkt: Noch bevor unsere Stablecoin-Initiative bekannt wurde.
Wann können Anleger mit den nächsten Schritten rechnen?
Christoph Gerlinger: Wir erwarten die mit Ralf Wandmacher zu erarbeitende Machbarkeitsstudie bereits in den kommenden Wochen. Dieses Thema hat absolute Top-Priorität. Wir werden es entsprechend entschlossen vorantreiben, um sich uns bietende Chancen wahrzunehmen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Gerlinger!