Seit etwas mehr als zwölf Monaten ist Steyr Motors nun am Kapitalmarkt notiert. Normalerweise kein besonders langer Zeitraum, um Börsengeschichte zu schreiben. Und trotzdem hat die Kapitalmarktstory des Herstellers von Spezialmotoren – vorzugsweise für den militärischen Einsatz – schon mehr Kapitel, als sie so manches gestandene Unternehmen zu bieten hat. Unvergessen insbesondere die Kaufpanik der Investoren vom März 2025, die den Aktienkurs innerhalb kürzester Zeit von unter 30 auf mehr als 380 Euro beförderte. Nun: Diese Extremphase ist insbesondere durch eine signifikante Ausweitung des Streubesitzes längst korrigiert und Steyr Motor sorgte in den vergangenen Quartalen insbesondere durch eine Menge Großaufträge, die zunehmende internationale Ausrichtung sowie neue Geschäftsfelder wie die mobile Energieerzeugung für Schlagzeilen.
Der Aktienkurs hat von dieser Newsoffensive zuletzt freilich nicht mehr nachhaltig profitiert. Im Gegenteil: Es ging sogar deutlich Richtung Süden mit der Notiz. Wer sich über die „falsche“ Kursrichtung gewundert hat, bekommt nun die offizielle Erklärung für die Schwäche im Aktienchart: So muss Steyr Motors seine bisherige Umsatzprognose für 2025, die ein Wachstum von mindestens 40 Prozent vorsah, auf eine Spanne von 15 bis 25 Prozent drosseln. In absoluten Zahlen läuft das auf Erlöse zwischen 48 und 52 Mio. Euro hinaus – nach 41,7 Mio. Euro für 2024. Die damit korrespondierende bereinigte EBIT-Marge kappt der Vorstand von zuvor mehr als 20 Prozent auf jetzt 13 bis 16 Prozent. „Die Verschiebung bei den für das vierte Quartal geplanten Abrufen ist im Wesentlichen darin begründet, dass Budgetfreigaben bei den Endkunden und hier insbesondere bei staatlichen Institutionen aktuell länger dauern als erwartet. Zudem befinden sich hochprofitable Lizenzumsätze in der Sales-Pipeline, deren Realisierung sich stichtagsbedingt verschieben wird, wie aktuell erwartet wird“, erklärt CEO Julian Cassutti die Hintergründe.
The most important financial data at a glance
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
Sales1
0,00
0,00
40,40
28,05
38,13
41,66
50,00
EBITDA1,2
0,00
0,00
2,90
1,38
-1,44
7,40
9,00
EBITDA-margin %3
0,00
0,00
7,18
4,92
-3,78
17,76
27,42
EBIT1,4
0,00
0,00
2,00
0,39
-5,78
6,47
7,50
EBIT-margin %5
0,00
0,00
4,95
1,39
-15,16
15,53
22,58
Net profit1
0,00
0,00
1,50
0,19
-9,13
4,88
3,50
Net-margin %6
0,00
0,00
3,71
0,68
-23,94
11,71
15,32
Cashflow1,7
0,00
0,00
0,90
-5,80
1,88
0,45
7,80
Earnings per share8
0,00
0,00
0,29
0,04
-1,76
0,94
0,65
Dividend per share8
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,55
0,60
Gemessen an dem doch recht üppigen Ausmaß der gesenkten Prognose wirkt der Zeitpunkt der Kommunikation Richtung Kapitalmarkt sicher recht spät. Andererseits hat Steyr Motors in den jüngsten Investoren-Calls und zum aktuellen Reporting darauf hingewiesen, dass hochmargige Engineering-Umsätze mit einem bedeutenden Kunden maßgeblich wohl erst im Abschlussviertel 2025 abgerechnet werden. Zudem wies Steyr Motors darauf hin, dass sich aufgrund schleppender Budgetfreigaben bei staatlichen Institutionen Verschiebungen ergeben können, die zwingend nicht mit dem Quartalsrhythmus des Kapitalmarkts in Einklang stehen. Offenbar ist dies nun so eingetreten. Steyr Motors hat lange gehofft, die sportlichen Prognosen einlösen zu können – muss nun aber einen Rückzieher machen. Nicht gerade das Idealszenario in Sachen Investor-Relations. Andererseits sollten sich Anleger auch darüber im Klaren sein, dass die Kapitalmarktstory von Steyr Motors eben nicht darauf fußt, ein möglichst gutes Q4 2025 zu zeigen.
Umso wichtiger, dass Cassutti die mittelfristigen Ziele bis 2027 mit rund 140 Mio. Euro Umsatz sowie einem EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von etwa 40 Mio. Euro explizit bestätigt hat. Dabei sind die Effekte aus den jüngst vorgestellten Plänen um mobile Energieerzeugung sowie die C2-Emissionszertifizierung für Schiffsmotoren in China noch gar nicht in diesen Vorgaben inkludiert. Aber klar: Der Druck auf Steyr Motors steigt, die Rahmenverträge und sonstigen Pläne zur Ausweitung der Geschäfte in profitablen Umsatz zu transformieren. Gegenwärtig gibt es jedoch keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Gesellschaft liefern wird. Letztlich müssen sich aber wohl Investoren und Unternehmen ein wenig an die eigene Nase fassen, was eine realistische Erwartungshaltung angeht. „Underpromise, overdeliver“, heißt die hier übliche Botschaft Richtung Vorstand. Und Investoren müssen sich stärker eingestehen, dass Defence kein 100-Meter-Sprint ist, sondern eher Langstrecke.
„Unsere internationalen Märkte entwickeln sich stark und der bestehende Auftragsbestand sichert uns stabile Perspektiven für profitables Wachstum. Parallel dazu prüfen wir gezielt M&A-Optionen, um zusätzliches, strategisch relevantes Wachstum zu generieren“, sagt Cassutti. Insgesamt sieht der aktuelle Börsenwert von rund 229 Mio. Euro eher wie eine ausgeprägte Chance für mittelfristig orientierte Investoren aus. Losgelöst davon ist die jüngste Entwicklung für Minderheitsaktionär Mutares sicher nicht ideal, aber auch hier sollten sich die negativen Auswirkungen in Grenzen halten – solange die übergeordnete Investmentstory intakt ist. Und danach sieht es für boersengefluester.de aus.
INVESTOR-INFORMATION
©boersengefluester.de
Steyr Motors
WKN
ISIN
Legal Type
Marketcap
IPO
Recommendation
Located
A40TC4
AT0000A3FW25
AG
229,32 Mio €
30.10.2024
Foto: Freepik
