Was tun mit einer Aktie, die man – zumindest aus Sicht eines Privatanlegers – in erster Linie wegen der früher regelmäßig attraktiven Dividende gekauft hat, es nun aber schon das zweite Jahr in Folge keine Ausschüttung gibt und auch die diesbezüglichen Aussichten für das laufende Jahr ziemlich mau sind? Normalerweise kann die Antwort fast nur „Verkaufen“ lauten, so schmerzhaft es auch sein mag, Kursverluste zu realisieren. Bei dem Anteilschein der Beteiligungsgesellschaft KAP würde boersengefluester.de die Antwort allerdings deutlich differenzierter sehen. Immerhin sollte die Dividendenrendite nicht das alleinige Kriterium für ein Investment sein. Vielmehr gehören auch Ertragskennzahlen wie etwa das Verhältnis von Unternehmenswert (Enterprise Value) zum EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) oder auch substanzorientierte Größen wie das KBV (Kurs-Buchwert-Kriterium) zum Auswahlverfahren.
Und hier kann KAP durchweg punkten, selbst wenn die Gesellschaft in den vergangenen Jahren derart viele Portfoliobereinigungen und sonstige Umstrukturierungen vorgenommen hat, dass man als Investor schnell den Überblick verliert. Tatsächlich sollten Anleger hinter dem Abschluss für 2024 zügig einen dicken Schlussstrich ziehen. Inklusive aller Wertberichtigungen und Entkonsolidierungseffekte steht unter dem Strich nämlich ein dicker Fehlbetrag von 45,65 Mio. Euro. Dieses Minus wirkt sich entsprechend auch auf das Eigenkapital aus, das 2024 von 161,37 auf 118,14 Mio. Euro geschmolzen ist. Heruntergerechnet auf die einzelne Aktie entspricht das einem neuen Buchwert von 15,21 Euro – nach zuvor 20,77 Euro. Sicher eine heftige Schmelze, andererseits kostet die KAP‑Aktie zurzeit nur 9,75 Euro, was einem Abschlag von mehr als einem Drittel auf den Buchwert entspricht. Für den Bereich „Mittelstands-Holdings“ ist ein derartiger Discount an der Börse zwar nicht gänzlich ungewöhnlich. Allerdings gibt es eben auch eine Reihe von Unternehmen, deren Aktienkurse sich bereits wieder an den Buchwert angenähert haben oder sogar darüber notieren.
The most important financial data at a glance
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
Sales1
372,80
322,66
345,62
433,47
285,60
252,50
255,00
EBITDA1,2
36,17
34,14
56,58
43,51
56,63
16,34
21,00
EBITDA-margin %3
9,70
10,58
16,37
10,04
19,83
6,47
8,24
EBIT1,4
-10,58
4,18
31,43
6,63
3,51
-26,38
-3,50
EBIT-margin %5
-2,84
1,30
9,09
1,53
1,23
-10,45
-1,37
Net profit1
-14,12
-2,68
39,86
-1,69
-0,11
-45,65
-6,00
Net-margin %6
-3,79
-0,83
11,53
-0,39
-0,04
-18,08
-2,35
Cashflow1,7
35,51
55,21
8,31
16,89
18,52
16,75
18,60
Earnings per share8
-1,82
-0,35
5,14
-0,22
-0,02
-5,88
-0,77
Dividend per share8
0,00
1,75
1,00
1,50
0,00
0,00
0,00
Definitiv interessanter wird mittelfristig der Blick auf die Ertragskennzahlen, auch wenn Vorstandssprecher Marten Julius noch um Geduld bittet: „Die strategischen Weichenstellungen der vergangenen Jahre zeigen bereits die erwartete positive Wirkung. Wir müssen aber noch weitere Schritte auf dem bereits eingeschlagenen Weg gehen, um ein zufriedenstellendes Rentabilitätsniveau zu erreichen.“ So peilt Marten Julius für 2025 ein um Sondereffekte normalisiertes EBITDA zwischen 19 und 23 Mio. Euro an. Zur Einordnung: Der vergleichbare Vorjahreswert beträgt 21,9 Mio. Euro – bei einem berichteten EBITDA von 16,3 Mio. Euro. Nun lassen sich Bereinigungen kaum vorhersehen, doch angesichts planmäßiger Abschreibungen von 24,4 Mio. Euro für 2024 dürfte damit auch im laufenden Jahr ein Fehlbetrag die realistische Variante sein. Andererseits wird KAP – auf schuldenfreier Basis – derzeit nur mit dem Faktor 6 auf den Mittelwert des für 2025 in Aussicht gestellten normalisierten EBITDA an der Börse gehandelt. Dagegen lässt sich schon jetzt nichts sagen, und dieses Multiple sollte in den kommenden Jahren nochmals signifikant heruntergehen.
Dabei setzt sich der Enterprise Value (EV) zurzeit aus dem Börsenwert von knapp 76 Mio. Euro und Netto-Finanzverbindlichkeiten von gut 55 Mio. Euro zusammen. Rein operativ bleibt das Segment Flexible Films (Spezialfolien) auch 2025 der wichtigste Ertragsbringer mit einem erwarteten EBITDA zwischen 12 und 13 Mio. Euro (Vorjahr: 11,6 Mio. Euro). Für den umsatzmäßig größten Bereich Engineered Products (technische Textilien) ist ein normalisiertes EBITDA von 7 bis 8 Mio. Euro geplant (Vorjahr: 6,5 Mio. Euro). Mit einem geplanten EBITDA von 4,0 bis 5,5 Mio. Euro wird das Segment Surface Technologies (Oberflächenveredelungen) dagegen wohl deutlich rückläufig gegenüber dem Vergleichswert von 7,6 Mio. Euro sein. Auch hier wirkt sich belastend aus, dass KAP stark an der Automobilkonjunktur hängt. Summa summarum gibt es momentan natürlich eingängigere Investmentstorys als KAP. Wer sich jedoch rein an den Bewertungskennzahlen orientiert und dabei auch ein bis zwei Jahre nach vorn blickt, wird den Titel mit Sicherheit nicht aus seinem Depot verbannen. Aber das Team um Marten Julius muss eben auch liefern.
INVESTOR-INFORMATION
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KAP
WKN
ISIN
Legal Type
Marketcap
IPO
Recommendation
Located
620840
DE0006208408
AG
75,73 Mio €
15.05.1987
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