Für die Aktionäre von Friwo waren die vergangenen zwei Jahre die Hölle, wobei sich der Abwärtstrend zu Jahresbeginn 2025 sogar nochmals beschleunigt hat. So türmt sich allein das Kursminus seit Anfang Januar auf rund 60 Prozent. Im Tief schmolz der Börsenwert des Anbieters von Netzteilen, Ladegeräten und Antriebstechniken auf weniger als 60 Mio. Euro. Wie so viele andere Unternehmen aus dem Sektor musste auch Friwo der ausgeprägten Schwäche im Bereich E-Mobilität Tribut zollen und seine Prognosen revidieren. Das allein war es aber noch nicht. Tatsächlich fußte die Investmentstory von Friwo zu einem wesentlichen Teil auf dem Joint-Venture mit der indischen Uno Minda-Gruppe als Teilelieferant für elektrische Zwei- und Dreiräder in Indien. Innerhalb kürzester Zeit kletterte das potenzielle Volumen auf viele hundert Millionen Euro.
Am Ende wurde der Deal für Friwo so groß, dass er sowohl die finanziellen als auch die personellen Ressourcen der Gesellschaft aus Ostbevern überforderte. Mitte Februar 2025 hat der Vorstand daher die Reißleine gezogen und seinen Joint-Venture-Anteil von 49,9 Prozent an Uno Minda verkauft. Der erwartete Mittelzufluss liegt im niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Bis Ende 2025 soll die Transaktion formal abgeschlossen sein. Gleiches gilt für die ebenfalls veräußerten Stromversorgungslösungen für Hutschienen. Hier hat der Vorstand mit einem Komponentenhersteller aus dem Bereich Elektrotechnik einen knapp zweistelligen Millionen-Euro-Betrag als Verkaufspreis ausgehandelt. Entsprechend wird das Zahlenwerk für 2025 durch hohe positive Sondereffekte gekennzeichnet sein. Von möglichen Sonderdividenden ist die Gesellschaft allerdings meilenweit entfernt. Vielmehr geht es um Entschuldung und Sanierung.
The most important financial data at a glance
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
Sales1
95,76
99,36
100,55
184,87
111,08
93,02
83,00
EBITDA1,2
-11,25
0,40
-4,09
8,72
-2,51
-0,03
3,50
EBITDA-margin %3
-11,75
0,40
-4,07
4,72
-2,26
-0,03
4,22
EBIT1,4
-15,60
-3,85
-7,97
4,31
-7,37
-3,61
0,50
EBIT-margin %5
-16,29
-3,88
-7,93
2,33
-6,64
-3,88
0,60
Net profit1
-11,33
-5,51
-10,55
0,51
-11,08
-6,25
17,00
Net-margin %6
-11,83
-5,55
-10,49
0,28
-9,98
-6,72
20,48
Cashflow1,7
1,47
-3,10
-17,74
-2,81
4,16
3,11
7,00
Earnings per share8
-1,47
-0,72
-1,37
0,06
-1,29
-0,73
1,90
Dividend per share8
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
Priorität hat dabei die Ablösung eines Konsortialkredits von rund 18,6 Mio. Euro. „Darüber hinaus werden Investitionen in die zukünftige Expansion und den Ausbau der Position als führender Systemanbieter von Stromversorgungslösungen getätigt“, betont der Vorstand. Allerdings: Auch beim langjährigen Großaktionär VTC – einer Beteiligungsgesellschaft aus München – steht Friwo tief in der Kreide. Entsprechend gab es in der Vergangenheit schon mehrfach Getuschel um vermeintliche (Teil-)Exit-Überlegungen von VTC. Zurzeit geht es freilich eher darum, dass Friwo überhaupt wieder nachhaltig erfolgreich auf die Beine kommt. Für das laufende Jahr rechnet das Management mit Erlösen zwischen 75 und 90 Mio. Euro sowie einem ausgeglichenen operativen EBIT. Nicht enthalten sind in dieser Prognose die enormen Sondereffekte aus den Desinvestments. Mittelfristig stellt das neue Vorstandsteam um Dominik Wöffen und Ina Klassen dann Umsatzverbesserungen im höheren einstelligen Prozentbereich sowie eine EBIT-Marge von nachhaltig mehr als 5 Prozent in Aussicht. Perspektivisch sollen dann auch Dividenden ein Thema sein.
Noch wird dieser Aspekt den Kapitalmarkt aber wohl nicht beeindrucken. Zurzeit geht es eher darum, dass sich der Aktienkurs erst einmal stabilisiert und anschließend dann vorsichtig nach oben schielt. Immerhin liegen nun alle Fakten auf dem Tisch und Friwo hat es selbst in der Hand, durch den Portfolioumbau und die bilanzielle Verstärkung ein neues Kapitel in der Firmengeschichte aufzuschlagen. Börsentechnisch ist der geringe Streubesitz von 18,41 Prozent ein erhebliches Manko. Zudem bleibt abzuwarten, was mit dem 5,24-Prozent-Anteil von Uno Minda passieren wird, den die Inder im Jahr 2022 via Kapitalerhöhung gezeichnet haben. Ein potenzieller Aktienüberhang ist schließlich nie gut für den Chart. Unter dem Strich ist der Titel nach Auffassung von boersengefluester.de dann aber doch eine Halten-Position. Immerhin stehen auch viele positive Veränderungen an.
INVESTOR-INFORMATION
©boersengefluester.de
Friwo
WKN
ISIN
Legal Type
Marketcap
IPO
Recommendation
Located
620110
DE0006201106
AG
74,85 Mio €
08.09.1977
Halten
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