Interessant, wie sehr sich die Gewichte verschoben haben. Drehte sich in den Corona-Jahren bei Frequentis noch fast alles darum, inwiefern der Anbieter von Kommunikationssystemen, wie sie in der Luftfahrt oder dem Polizeibereich eingesetzt werden, von den signifikanten Einschränkungen im Flugbereich wirtschaftlich betroffen sei, hat der Kapitalmarkt Frequentis nun längst wegen seiner Defense-Expertise für sich entdeckt. Bei der virtuellen Vorlage des Geschäftsberichts 2024 beziffert CEO Norbert Haslacher den Anteil der militärischen Flugsicherung am Konzernumsatz auf rund 20 Prozent. Eine Zahl, die die Wiener in ihren früheren Berichten so nicht herausgestellt haben. Konkret geht es dabei um Themen wie Sprachübermittlung, Remote Tower, Radardatennetze oder auch Drohnen.
Ein üblicherweise „sehr hochmargiges Geschäft“, wie Haslacher betont. Tatsächlich hat Frequentis von dem ersten Sonderbudget der Bundeswehr über 100 Mrd. Euro bereits ein Stück abbekommen und sollte auch künftig profitieren. Was das für den militärischen Umsatzanteil in den kommenden Jahren bedeutet, lässt Haslacher indes offen. Einfacher Grund: Auch die Bereiche zivile Luftfahrt sowie das Geschäft mit Kontrollzentralen bei Polizei, Feuerwehr, Eisenbahnen sowie dem öffentlichen Nahverkehr und auch der Schifffahrt wachsen weiter. Dabei wird Frequentis weiterhin viel Geld in die Weiterentwicklung des Produktportfolios investieren. So flossen 2024 rund 30 Mio. Euro in Forschung und Entwicklung. Für das laufende Jahr plant die Gesellschaft hier mit einem ähnlich hohen Niveau. Immerhin ist es das übergeordnete Ziel, innerhalb der vielen Ausprägungen im Bereich Kontrollzentren die globale Nummer 1 zu werden. Denkbar, dass sich Frequentis dafür 2025 erneut anorganisch verstärken wird, nachdem 2024 – bis auf eine kleine Akquisition – eher eine Pause angesagt war. Noch ist es aber nichts spruchreif.
The most important financial data at a glance
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
Sales1
303,63
299,37
333,53
385,97
427,49
480,31
528,50
EBITDA1,2
30,18
41,92
46,51
45,63
44,17
54,13
58,00
EBITDA-margin %3
9,94
14,00
13,95
11,82
10,33
11,27
10,97
EBIT1,4
17,22
26,81
28,97
24,99
26,65
32,10
36,00
EBIT-margin %5
5,67
8,96
8,69
6,48
6,23
6,68
6,81
Net profit1
15,52
-3,39
20,77
18,88
19,98
23,54
26,10
Net-margin %6
5,11
-1,13
6,23
4,89
4,67
4,90
4,94
Cashflow1,7
17,73
54,75
48,75
14,22
25,66
22,05
24,80
Earnings per share8
0,93
-0,30
1,50
1,41
1,38
1,65
1,96
Dividend per share8
0,15
0,15
0,20
0,22
0,24
0,27
0,29
Grundsätzlich geht es im Prinzip aber immer darum, den bestehenden Kunden möglichst viele Produkte anbieten zu können. An finanziellen Ressourcen scheitern solche Transaktionen bei Frequentis traditionell nicht. Mit einer Netto-Liquidität von knapp 82 Mio. Euro und einer Eigenkapitalquote von 44,3 Prozent strotzt die Bilanz weiterhin nur so vor Kraft. Per saldo stellt Haslacher für 2025 ein Umsatzwachstum von rund 10 Prozent sowie eine EBIT-Marge zwischen 6,5 und 7,0 Prozent in Aussicht. Zur Einordnung: 2024 steigerte Frequentis die Erlöse um mehr als 12 Prozent auf 480,31 Mio. Euro und kam dabei auf ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 31,10 Mio. Euro – entsprechend einer EBIT-Rendite von annähernd 6,7 Prozent. Übermäßig weit lehnt sich Haslacher also nicht aus dem Fenster, auch wenn er betont, „sehr zuversichtlich“ für 2025 zu sein. Konservative Prognosen haben jedoch Tradition bei dem österreichischen Unternehmen mit Listing im Frankfurter Handelssegment General Standard.
Losgelöst davon: Für ein grundsätzlich sehr stabiles Unternehmen wie Frequentis mit einem derart starken Fußabdruck im Defense-Bereich sollte derzeit ein KGV von bis zu 25 locker gerechtfertigt sein. Das würde – zumindest auf Basis der 2026er-Ergebnisschätzungen von boersengefluester.de – auf ein Kursziel von deutlich mehr als 50 Euro hinauslaufen. Wie günstig der Titel trotz der jüngsten Rally noch immer ist, zeigt sich auch darin, dass der um die Netto-Liquidität bereinigte Unternehmenswert von rund 388 Mio. Euro merklich weniger als dem Faktor 7 auf das für 2025 zu erwartende EBITDA entspricht. Einzig die Dividendenrendite ist trotz der neuerlichen Anhebung auf 0,27 Euro je Aktie eher zu vernachlässigen. Größte Pluspunkte des Unternehmens sind die in der Regel extrem lang laufenden Kundenbeziehungen. Zudem wandelt sich das ehemals eher hardwarelastige Business immer mehr zu einem softwarezentrierten Geschäft. Auch das sollte sich in nachhaltig höheren Bewertungen am Kapitalmarkt widerspiegeln. Last but least das zurzeit alles dominierende Thema US-Zölle: Mit einer Wertschöpfung von rund 80 Prozent in den Vereinigten Staaten ist Frequentis ohnehin sehr präsent in den USA. Gut möglich, dass das eine Art Versicherung für die Wiener ist.
INVESTOR-INFORMATION
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Frequentis
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ATFREQUENT09
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520,58 Mio €
14.05.2019
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