Beteiligungsgesellschaften haben meist einen schweren Stand an der Börse und notieren regelmäßig mit einem deutlichen Discount zum inneren Wert des Portfolios. Das ist bei der Aktie der Deutschen Effecten- und Wechsel-Beteiligungsgesellschaft – kurz: DEWB – nicht anders. Dabei hat die Gesellschaft mit Sitz in Jena durchaus prominente Aktien wie LAIQON und aifinyo im Depot. Wir haben bei CEO Bertram Köhler nachgefragt, wie er die aktuelle Situation einschätzt und welche Expansionspläne die DEWB hat. Zudem gibt er eine Einschätzung zur Ende Juni erfolgten Refinanzierung der Anleihe 2018/23. Rein aus Sentimentaspekten wäre es ein gutes Signal, wenn der Titel zügig den Penny-Stock-Bereich verlässt. Potenzial ist jede Menge vorhanden: Die Kursziele der Analysten reichen bis über die Marke von 2 Euro. Aufgrund des niedrigen Börsenwerts von gerade einmal rund 15 Mio. Euro eignet sich der Titel aber nur für erfahrene Investoren.
Herr Köhler, Sie und ihr Vorstandskollege Marco Scheidler haben vor Kurzem Insiderkäufe im sechsstelligen Euro-Bereich getätigt. Was hat hier den größeren Ausschlag für das Investment gegeben, die Tatsache, dass die stillen Reserven im DEWB-Aktienkurs nicht berücksichtigt sind oder eher positive Erwartungen bezüglich der operativen Entwicklung der DEWB-Beteiligungen?
Bertram Köhler: Wir sehen die Kombination aus beidem. Wir berichten ja neben dem Eigenkapitalwert der Aktie nach HGB auch regelmäßig über die stille Reserve des Portfolios, die sich aus der Markt- und Börsenbewertung unserer Beteiligungen ergibt. Auf dem aktuellen Kursniveau sehen wir diese so gut wie gar nicht berücksichtigt. Wir halten die DEWB-Aktie allein schon deshalb für unterbewertet. Noch weniger im Kurs berücksichtigt, sehen wir den Potenzialwert unseres Portfolios, der sich aus den jeweiligen Geschäftsmodellen der einzelnen Beteiligungen ergibt. Hier sei auf das Aktienresearch verschiedener Analystenhäuser zu unseren Beteiligungen verwiesen.
Über welche stillen Reserven verfügt das DEWB-Portfolio aktuell konkret? Und wo liegt Stand heute der marktnahe Eigenkapitalwert der DEWB-Aktie?
Bertram Köhler: Aufgrund der Marktentwicklung im laufenden Jahr beträgt die stille Reserve aktuell rund 7 Millionen Euro. Der marktnahe Eigenkapitalwert liegt bei circa 1,35 Euro je Aktie und damit mehr als 40 Prozent über dem aktuellen Kurs der DEWB-Aktie.
Das Aushängeschild im DEWB-Portfolio ist die Beteiligung an der LAIQON AG, der früheren Lloyd Fonds AG. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung von LAIQON seit Ihrem Einstieg und welche Perspektiven sehen Sie für den Hamburger Vermögensverwaltungskonzern – auch vor dem Hintergrund, dass das Ergebnis aus den Gesprächen mit Union Investment über eine mögliche Kooperation noch aussteht?
Bertram Köhler: LAIQON hat seit unserem Einstieg im Jahr 2018 eine beeindruckende Entwicklung gezeigt und wichtige Meilensteine gelegt; sei es der Aufbau der grundlegenden Digitalplattform, die Entwicklung des konzerneigenen WealthTechs LAIC oder der Aufbau von Assets under Management im fokussierten Geschäftsbereich von Null auf 6 Milliarden Euro. Diese sehr positive Unternehmensentwicklung der vergangenen Jahre spiegelt sich zum Teil auch in der Kursperformance der LAIQON-Aktie wider und bildet bereits eine hohe stille Reserve im Vergleich zu unserem Einstiegskurs. CEO Achim Plate hat auf der LAIQON-Hauptversammlung im August in Hamburg von den laufenden Gesprächen mit der Union Investment Gruppe berichtet und ein mit weiteren Partnerschaften im Genossenschaftlichen Finanzverbund verbundenes mögliches Volumen- und Ertragspotenzial angedeutet. Die Umsetzung der Kooperation mit Union Investment – einem der Großen unter den deutschen Asset Managern – wäre aus unserer Sicht ein Ritterschlag und ließe eine weitere Wachstumsbeschleunigung erwarten.
Die Aktien der börsengelisteten Gesellschaften aifinyo und Naga Group haben sich im Jahresverlauf hingegen erneut schwächer entwickelt. Wie bewerten Sie dies? Gibt es hier mit Blick auf den Einfluss auf den Portfoliowert so etwas wie eine „Schmerzgrenze“?
Bertram Köhler: Wir evaluieren regelmäßig die Geschäftsmodelle und bewerten die operative Entwicklung für jede unserer Beteiligungen. aifinyo begleiten wir sehr aktiv und ich bin als Aufsichtsrat der aifinyo auch operativ eingebunden. Da es hier fundamental passt, mache ich mir bezüglich der Börsenbewertung keine großen Sorgen. Mittel- bis langfristig wird die Börse die operativen Erfolge honorieren.
Und bei dem FinTech-Unternehmen NAGA Group?
Bertram Köhler: Bei NAGA sind wir aufgrund unserer vergleichsweise geringeren Beteiligungsquote weniger stark eingebunden. Das Unternehmen konnte im laufenden Geschäftsjahr mit einem deutlich positiven EBITDA wieder zur operativen Profitabilität zurückkehren. Nach unserer bilanziellen Abwertung der Beteiligung aufgrund der Kursentwicklung im vergangenen Jahr übersteigen die Chancen auf aktuellem Bewertungsniveau aus meiner Sicht die Risiken deutlich. Die Kursentwicklungen beider Beteiligungen – aifinyo und NAGA – sind bei der Ermittlung des marktnahen Eigenkapitals selbstverständlich berücksichtigt und durch die Wertsteigerungen der anderen Beteiligungen deutlich überkompensiert.
Wie beurteilen Sie die Beteiligungen hinsichtlich der Erfolgschancen des jeweiligen Geschäftsmodells – bei aifinyo scheint es ja in die richtige Richtung zu gehen, das Transaktionsvolumen über die Rechnungs- und Liquiditätsmanagement-Plattform kletterte um 21 Prozent und auch die Analysten sehen höhere Kursziele. Was sehen Sie, was der Markt nicht sieht bzw. derzeit nicht honoriert?
Bertram Köhler: Wie sie es sagen, ist aifinyo voll auf Spur. Das Unternehmen wächst erfolgreich und baut sein Geschäft konsequent weiter aus. Dabei nutzt es sich bietende M&A-Chancen, wie zuletzt mit Billomat, kann aber auch organisch immer mehr seine Potenziale heben. Im Geschäftsjahr 2022 hat aifinyo Rekordzahlen auf allen Ebenen erzielt und hat auch im laufenden Geschäftsjahr das dynamische Wachstum fortgesetzt. Vom Börsenkurs wird diese Entwicklung derzeit aber in keiner Weise abgebildet.
Wo sehen Sie die Gründe dafür?
Bertram Köhler: Die Hauptgründe sind aus meiner Sicht das aktuell schwierige Umfeld für deutsche Small-Cap-Aktien und damit verbunden die zu geringe Handelsliquidität der aifinyo-Aktie. Der überwiegende Teil der Aktien liegt in der Hand des Managements und langfristig orientierter Altinvestoren, die auf dem derzeitigen Bewertungsniveau kein Interesse an einem Verkauf haben. Für neue, insbesondere institutionelle, Investoren ist eben diese geringe Handelbarkeit der Aktie hingegen ein Einstiegshindernis. Schaut man sich Bewertungen vergleichbarer privatgehaltener Wettbewerber im Umfeld von aifinyo an, muss man sich schon die Frage stellen, ob die Börse langfristig der geeignete Platz oder gar Exitkanal für das Unternehmen ist. Aus Investorensicht ist ein Gesamtverkauf an einen strategischen Erwerber ohnehin viel naheliegender und attraktiver als über den Kapitalmarkt.
Kommen wir auf zwei Ihrer nicht börsennotierten Beteiligungen zu sprechen: Stableton ermöglicht Privatinvestoren den Zugang zu Frühphasen-Investments über entsprechende Zertifikate. Können Sie uns einen Einblick geben, wie das Angebot der jüngsten Emissionen für den Stableton Unicorn Index und den Future of Finance Index angenommen wurde?
Bertram Köhler: Auch wenn die Investorennachfrage umfeldbedingt noch weit vom Rekordniveau des Jahres 2021 entfernt ist, ist die Vermarktung beider Produkte sehr positiv angelaufen. Insbesondere das Unicorn-Index-Zertifikat sorgte für viel Aufsehen. Gemeinsam mit den Partnern Swissquote und Morningstar macht Stableton mit einem strukturierten Produkt erstmals die 20 größten VC-Unicorns, also Unternehmen mit einer Bewertung von über 1 Milliarde US-Dollar, einfach investierbar. Das Zertifikat ist eine echte Produktinnovation und bietet Anlegern mit begrenzten Mitteln und ohne entsprechende Beziehungen bzw. Zugänge erstmals die Möglichkeit, in privat-gehaltene Einhörner wie SpaceX, Epic Games, She-In oder Stripe zu investieren. Insgesamt sehen wir Stableton in diesem Bereich sehr gut positioniert.
Bei Ihrer Beteiligung CASHLINK gab es im laufenden Jahr eine Finanzierungsrunde. Wer war daran beteiligt?
Bertram Köhler: CASHLINK hat im Frühjahr sehr erfolgreich eine Finanzierungsrunde durchgeführt, die im Sommer sogar auf über 7 Millionen Euro erweitert werden konnte. Leadinvestor war die TX Venture, mit der wir auch bei Stableton schon sehr gut zusammenarbeiten. Daneben hat sich auch die Helaba Landesbank Hessen-Thüringen beteiligt. Der Einstieg der Helaba zur Stärkung ihres Zugangs in das Tokenisierungs-Ökosystem als Teil der Digitalen Agenda, nachhaltige Geschäftsmodelle aufzubauen, unterstreicht einmal mehr die führende Position und das Potenzial von CASHLINK.
Wie geht es nach der Finanzierungsrunde nun weiter? Welche Perspektiven sehen Sie für CASHLINK?
Bertram Köhler: Neben dem Ausbau des Vertriebs konzentriert sich CASHLINK auf den Ausbau des Lizenzportfolios. Die Einführung von Kryptowertpapieren in Deutschland war ein großer Wachstumstreiber für CASHLINK. Die geplante Ausweitung des eWpGs auf Aktien wird für weitere Dynamik sorgen. Hierfür baut CASHLINK sein Produktangebot rund um die Registerführung von Kryptowertpapieren weiter aus. Wir sehen in der künftigen Etablierung des Kapitalmarktes 2.0 ein enormes Volumenpotenzial für CASHLINK und die Ausweitung auf weitere Assetklassen potenziert das noch einmal. Bisher sehen wir hauptsächlich Geschäft mit initialen Primär-Transaktionen. Künftig wird der digitale Kapitalmarkt stark an Bedeutung gewinnen. Das potenziell viel größere Sekundärmarkt- und das dezentrale und digitale Registerführungsgeschäft kommt dann noch on top.
The most important financial data at a glance | ||||||||
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | ||
Sales1 | 11,70 | 3,28 | 4,97 | 11,21 | 0,00 | 0,31 | 0,00 | |
EBITDA1,2 | 4,41 | 2,19 | 3,15 | 8,13 | -0,88 | -0,72 | 0,00 | |
EBITDA-margin3 | 37,69 | 66,77 | 63,38 | 72,53 | 0,00 | -232,26 | 0,00 | |
EBIT1,4 | 4,41 | 2,18 | 3,15 | 8,13 | -0,88 | -0,72 | 0,00 | |
EBIT-margin5 | 37,69 | 66,46 | 63,38 | 72,53 | 0,00 | -232,26 | 0,00 | |
Net profit1 | -1,53 | 0,29 | 2,43 | 7,54 | -4,80 | -1,62 | 0,00 | |
Net-margin6 | -13,08 | 8,84 | 48,89 | 67,26 | 0,00 | -522,58 | 0,00 | |
Cashflow1,7 | -10,60 | -2,70 | 3,70 | 2,90 | -3,90 | -1,20 | 0,00 | |
Earnings per share8 | -0,09 | 0,02 | 0,15 | 0,45 | -0,29 | -0,10 | -0,02 | |
Dividend per share8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Die Refinanzierung der Anleihe 2018/23 ist geglückt, das Zielvolumen der neuen Anleihe 2023/28 wurde allerdings nicht ganz erreicht, mit bestehendem Cash und Kreditlinie ist die Refinanzierung allerdings gesichert. Wie bewerten Sie die Platzierung?
Bertram Köhler: Auch wenn das maximale Platzierungsvolumen von 10 Millionen Euro – in einem für kleine Emissionen sehr schwierigen Finanzierungsumfeld – nicht erreicht wurde, haben wir mit den eingeworbenen Mitteln von mehr als 6 Millionen Euro – wie Sie sagen – unser primäres Refinanzierungsziel erreicht. Mit weiteren Mitteln hätten wir den Portfolioausbau zusätzlich forcieren können, ohne zuvor geplante Zuflüsse aus Beteiligungen zu generieren. Andererseits ist der vom Markt geforderte Kupon von 8,0 Prozent recht hoch und liegt deutlich über der Verzinsung unserer Banklinie. Insofern sind wir mit dem Ergebnis der Platzierung zufrieden, zumal uns der noch nicht platzierte Teil der Anleihe 2023/28 künftig als Finanzierungsfazilität dient, um sich bietende Beteiligungschancen auch mit größerem Volumen nutzen zu können.
Wie wirkt sich dies auf Ihre weiteren Expansionspläne aus?
Bertram Köhler: Aufgrund des Marktumfeldes seit 2022 sind wir im Neugeschäft ohnehin zurückhaltender und haben uns zunächst auf die Entwicklung des Bestandsportfolios konzentriert. Da wir hier wir für das laufende Geschäftsjahr noch eine Transaktion auf der Exitseite anstreben, erwarten wir einen entsprechenden profitablen Mittelzufluss, mit dem wir unser Neugeschäft finanzieren werden.
Planen Sie weitere Aktien zuzukaufen, um ihrem Commitment Nachdruck zu verleihen?
Bertram Köhler: Das Management-Team hält nunmehr fast eine halbe Million DEWB-Aktien. Diese Positionen sind über die Jahre aus versteuertem Einkommen und zum Teil kredit-finanziert aufgebaut worden. Das Commitment empfinden wir als überdurchschnittlich hoch, es belegt zudem unser Vertrauen in unser Unternehmen und unsere Arbeit. Gleichzeitig ist es aber für Beteiligungsunternehmen auch branchenüblich und unterstreicht unsere unternehmerische Beteiligung und Einstellung.
Herr Köhler, vielen Dank für das Interview!
INVESTOR-INFORMATION | ||||||
©boersengefluester.de | ||||||
DEWB | ||||||
WKN | ISIN | Legal Type | Marketcap | IPO | Recommendation | Located |
804100 | DE0008041005 | AG | 7,37 Mio € | 01.05.1905 | Halten |
Bertram Köhler (Jahrgang 1971) ist CEO der DEWB mit Sitz in Jena und war vor seiner 2005 verfolgten Berufung zum Vorstand seit 2000 bei der DEWB als Manager für Exit-Transaktionen tätig und ist mit allen Facetten des Unternehmensverkaufs vertraut. Sein Transaktions-Know-how brachte er auch in komplexen Akquisitionen börsennotierter und privat gehaltener Unternehmen sowie in verschiedenen Finanzierungsmaßnahmen über den Kapitalmarkt ein. Bertram Köhler begann seine Karriere nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften als Berater bei KPMG. Anschließend war er bei der Commerzbank unter anderem in Unternehmensreorganisationen, Turnaround-Projekten, Implementierung von strukturierten Finanzierungen und bei M&A-Projekten aktiv.
Fotos: DEWB AG