Die Smallcap-Szene ist mitunter ziemlich hartnäckig. So ist boersengefluester.de immer wieder überrascht, wie gut die digitalen – und von der BankM moderierten – Investorenkonferenzen von Binect besucht sind und welchen Detaillierungsgrad die Fragen der Teilnehmer an Vorstand Frank Wermeyer teilweise besitzen. Dabei bringt es das auf die Digitalisierung dokumentbasierter Geschäftskommunikation spezialisierte Unternehmen auf einen Börsenwert von gerade einmal nur 5,3 Mio. Euro. Das entspricht ungefähr einer Kursbewegung von 0,004 Euro bei SAP oder von 0,30 Euro bei Mensch und Maschine – aus Kapitalmarktsicht also wirklich wenig. Aber die vor mittlerweile sechs Jahren gestartete Transformationsstory von Binect ist deswegen nicht minder spannend.
Immerhin steht die grundlegende Softwareplattform längst und das noch immer stark auf den Bereich Postausgang fokussierte Leistungsangebot wurde durch die Anbindung etlicher Kooperationspartner signifikant ausgeweitet. Um einen falschen Blick auf die Aktie zu vermeiden, stellt Frank Wermeyer aber auch zur Vorlage des Geschäftsberichts 2024 nochmals einige Dinge klar. Zunächst einmal: „Wir sind keine Scan-Company.“ Kunden, die solche Services benötigen, werden etwa an den Partner Reisswolf weitergeleitet. Genauso wenig ist Binect – salopp gesagt – Postbote, denn wenn digital erzeugte Dokumente am Ende doch in Papierform bei Kunden ankommen, ist etwa eine Tochter von Bertelsmann mit im Spiel. Im Kern ist Binect vielmehr eine Softwarefirma, die die Digitalisierung von Postausgangsprozessen überhaupt erst ermöglicht. Von in der Softwarebranche üblichen zweistelligen operativen Renditen ist Binect allerdings auch meilenweit entfernt, da die mitunter extrem engmargigen Fulfillmentprozesse wie Druck oder die tatsächliche Postzustellung mit in die Abrechnung fließen.
The most important financial data at a glance
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
Sales1
8,86
9,08
10,11
12,48
14,78
20,96
21,65
EBITDA1,2
-3,77
1,15
0,63
0,74
0,85
0,76
0,82
EBITDA-margin %3
-42,55
12,67
6,23
5,93
5,75
3,63
3,79
EBIT1,4
-5,28
0,45
0,19
0,32
0,35
0,02
0,21
EBIT-margin %5
-59,59
4,96
1,88
2,56
2,37
0,10
0,97
Net profit1
-4,76
0,45
0,10
0,15
0,10
0,08
0,13
Net-margin %6
-53,73
4,96
0,99
1,20
0,68
0,38
0,60
Cashflow1,7
0,59
0,85
-0,46
1,45
0,97
0,54
0,62
Earnings per share8
-1,79
0,17
0,03
0,05
0,03
0,03
0,04
Dividend per share8
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
Tatsächlich war 2024 insofern kein rundum befriedigendes Jahr, weil zwar ein mehrjähriger Großauftrag durch die Bücher lief, der für einen Umsatzanstieg um 42 Prozent auf 20,96 Mio. Euro sorgte. Am Ende knickte das Betriebsergebnis aber von 353.000 auf 23.000 Euro ein. Abzulesen auch im kräftig gestiegenen Materialaufwand von 15,10 Mio. Euro, der unter anderem die zu stemmenden Portokosten inkludiert. Fairerweise sei aber gesagt, dass der Ergebnisrutsch auch mit den deutlich verringerten aktivierten Eigenleistungen sowie den auf knapp 740.000 Euro erhöhten Abschreibungen zusammenhängt. Zwei Punkte, die wiederum mit der weitgehenden Fertigstellung der eigenen Plattformlösung zusammenhängen. Eigentlicher Malus im Zahlenwerk von Binect ist entsprechend der mehr oder weniger auf der Stelle getretene strategisch relevante Umsatz mit der selbst entwickelten Softwareplattform. Entsprechend großes Augenmerk setzt Wermeyer für 2025 auf eine Stärkung des Geschäfts mit Standardlösungen für Mittelstandskunden – was grob gesagt die Binect-Lösungen ONE, ENTERPRISE und auch CUBE NG umfasst.
Angesichts des immer noch schwierigen Marktumfelds bleibt Wermeyer bei der Prognose für 2025 aber vorsichtig und stellt einen Umsatzanstieg zwischen 2,5 und 5,0 Prozent bei einer dazu leicht überproportionalen Verbesserung des EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) in Aussicht. Große Sprünge im Ergebnis sind damit im laufenden Jahr eher nicht zu erwarten, zumal alle Kosten ohnehin schon auf dem Prüfstand standen. Immerhin weist Wermeyer darauf hin, dass die Gesellschaft im ersten Jahresviertel zumindest beim Umsatz über Plan liegt. Hoffnung macht auch, dass sich der Entscheidungsstau bei wichtigen Kunden aus dem Mittelstand und auch dem behördlichen Sektor im Jahresverlauf auflösen sollte. Zudem spielen gesetzliche Änderungen wie die E-Rechnung oder auch die Vorstöße Richtung einer nachweisbaren digitalen Zustellung dem Unternehmen grundsätzlich in die Karten. Im letztgenannten Bereich kooperiert Binect mit der in Wien ansässigen hpc DUAL – am Markt bekannt für ihr Produkt BriefButler.
Per saldo verblendet der – auf EBITDA-Basis am Ende übrigens gar nicht mal so arge – Ergebnisrückgang für 2024, dass Binect operativ zunehmend besser aufgestellt ist. Keine Frage: Das Thema Posteingang könnte dynamischer verlaufen und auch die Zusammenarbeit mit der Deutschen Post bräuchte mal einen Booster. Im aktuellen Börsenwert ist aber so gut wie keine Kursfantasie eingepreist. Das sieht man schon daran, dass der Titel mit einem Abschlag zum Buchwert von mittlerweile 40 Prozent gehandelt wird. Die Analysten der BankM werden demnächst ein frisches Research zu dem Microcap vorlegen. Zuletzt hatte die Frankfurter BankM den fairen Wert der Binect-Aktie bei 3,89 Euro angesiedelt. Zunächst einmal wäre es freilich schon gut, wenn die Marke von 2 Euro zurück in Sichtweite kommt.
INVESTOR-INFORMATION
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Binect
WKN
ISIN
Legal Type
Marketcap
IPO
Recommendation
Located
A3H213
DE000A3H2135
AG
5,40 Mio €
28.11.2006
Halten
Foto: Shutterstock