Bewegte Zeiten für die Aktionäre von Fortec Elektronik: Erst musste der Systemzulieferer von Elektronikprodukten wie Displays, Embedded Boards und Stromversorgungsgeräten mit dem Überblick für das Geschäftsjahr 2024/25 (30. Juni) seine Prognose deutlich nach unten korrigieren und sorgte so für einen neuerlichen Kursabsacker. Nur zwei Tage später dann eine positive Meldung in Form der Akquisition der niederländischen Nottrot B.V., was dann zumindest für eine Beruhigung im Chart sorgte. Im Interview mit boersengefluester.de verraten CEO Sandra Maile und COO Ulrich Ermel, was zurzeit die größten Herausforderungen sind und wie sich Fortec darauf einstellt. Die Analysten von Montega haben derweil ihre Kaufen-Einschätzung für die Aktie mit einem leicht reduzierten Kursziel von 20 Euro bestätigt. Und auch Sandra Maile blickt per saldo zuversichtlich nach vorn: „Wir sind gut aufgestellt und optimistisch, wieder an die positive Entwicklung der vergangenen Jahre anknüpfen zu können, sobald sich das Marktumfeld wieder aufhellt.“
Frau Maile, was ist denn bei FORTEC Elektronik los? Zwei Gewinnwarnungen innerhalb von gerade einmal fünf Monaten. Und am Ende wird FORTEC für das am 30. Juni beendete Geschäftsjahr 2024/25 mit einem EBIT von lediglich 1 bis 2 Mio. Euro herauskommen. Ursprünglich gingen Sie sogar von einem operativen Ergebnis zwischen 6 und 8 Mio. Euro aus. Haben die Prognosetools versagt oder hat sich das Umfeld so schnell und dramatisch verschlechtert?
Sandra Maile: Wir sind im Januar gut ins Jahr 2025 gestartet und waren zu diesem Zeitpunkt noch entsprechend optimistisch. Das sich die US-Zölle für chinesische Produkte auf 145 Prozent erhöhen werden, damit konnten wir zum Zeitpunkt der Prognoseerstellung nicht rechnen. Auch wenn dies nicht von langer Dauer war, kann man es mit einer Vollbremsung vergleichen – und das nicht nur in den USA, sondern auch bei unseren exportabhängigen Kunden in Deutschland und Europa. Schnell umgesetzte Maßnahmen zur Sicherstellung der Lieferfähigkeit und unserer Umsatzrealisierung zeigen sich unter anderem in einer reduzierten Rohmarge. Die größte Herausforderung war jedoch der fehlende Umsatz im sonst sehr profitablen Segment Datenvisualisierung. Im Segment Stromversorgungen konnten wir zwar insbesondere in den letzten Wochen des Geschäftsjahres 2024/25 noch fehlenden, bereits geplanten Umsatz auffangen, allerdings mit einer geringeren Profitabilität, als es für die zweite Geschäftsjahreshälfte für das Segment Datenvisualisierung geplant war.
Sie haben die Entwicklung sicherlich auch im Detail analysiert …
Sandra Maile: Geht man in eine tiefere Analyse, lässt sich feststellen, dass im abgelaufenen Geschäftsjahr die kurzfristigen, margenstarken Kundenaufträge kleinerer Kunden stark rückläufig waren, ebenso hat sich der Produkt-Mix geändert. Gerade bei kleineren Kunden zeigt sich eine noch stärkere Zurückhaltung in rezessiven Zeiten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Mischung aus fehlender Topline aufgrund der schwachen Investitionsdynamik, Verschiebung des Umsatzes und des Produktmixes für die Ergebnisabweichung verantwortlich war. Die bisherigen Prognosetools konnten diesen Mix nicht ausreichend abbilden.
Herr Ermel, für 2024/25 waren ursprünglich einmal 2 Mio. Euro an Investitionen in das künftige Wachstum eingeplant. Haben Sie das so durchgezogen oder zwischendurch einen Gang heruntergeschaltet?
Ulrich Ermel: Wir haben auf die verhaltene und vor allem verunsicherte Nachfrage bei unseren Kunden natürlich reagieren müssen. Wir haben daher ein Sparprogramm ins Leben gerufen, welches neben den operativen Ausgaben wie Reisekosten auch die Investitionen betrifft. Bei den Investitionen stehen wir jedoch aufgrund der langfristigen positiv zu erwartenden Entwicklung nicht pauschal auf der Bremse. Nachdem z. B. in den Bereichen Defence und kritische Infrastruktur erhöhte positive Aktivitäten zu verzeichnen sind, haben wir nötige und sinnvolle Investitionen auch durchgeführt. Zudem investieren wir in die Wartung sowie den Erhalt unserer eigenen Maschinen und Anlagen sowie in die Gebäude, um einen späteren Investitionsstau zu vermeiden.
Anorganisches Wachstum ist ein Dauerthema bei FORTEC Elektronik, hatte zuletzt aber nie so richtig geklappt. Nun melden Sie aber Vollzug in Form der Übernahme der Nottrot B.V. aus den Niederlanden. Stellen Sie Nottrot doch bitte kurz vor und sagen, warum das Unternehmen gut zu Fortec passt.
Sandra Maile: Im Rahmen unserer „Strong Together“-Strategie haben wir uns entschieden, Nottrot B.V., ein niederländisches Unternehmen mit Spezialisierung auf industrielle Monitore, vollständig zu übernehmen. Das Team von Nottrot besteht aktuell aus acht Mitarbeitenden; im Jahr 2024 lag der Umsatz bei 3,2 Millionen Euro und das EBITDA bei rund 800.000 Euro. Ziel dieser Übernahme ist es, unsere Produktion und unseren Vertrieb in Europa gezielt zu stärken sowie unser Produktportfolio insbesondere im Bereich Defence und robuster Anwendungen auszubauen. Die Übernahme wurde als Sharedeal aus Eigenmitteln vollzogen. Wir gehen davon aus, dass sich durch gemeinsame Kundenprojekte und Prozessoptimierungen innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre signifikante Synergieeffekte realisieren lassen.
Zuletzt hatte FORTEC bereits über Aufträge aus dem Defence-Bereich berichtet. Welche Bedeutung hat der Sektor für Ihr Unternehmen zurzeit und welches Potenzial sehen Sie dort?
Ulrich Ermel: Aktuell liegt der Defence-Umsatzanteil bei rund 12 Prozent und wir sehen gesteigertes Interesse unserer Kunden in diesen Segmenten. Wir pflegen im Bereich Datenvisualisierung bereits seit längerem enge Partnerschaften mit Kunden, die in diese Segmente liefern, und haben zudem in der innovativen Verteidigungstechnik (zum Beispiel bei Drohnenabwehrsystemen) auch direkte Kunden. Unser Bereich Leistungselektronik ist im Defence-Segment im Vergleich zum Bereich Datenvisualisierung bereits stärker vertreten. Entsprechend nutzen wir hier die Möglichkeiten der internen Zusammenarbeit, um unseren Kunden auch für sie passende Lösungen aus dem Bereich Datenvisualisierung anzubieten.
INVESTOR-INFORMATION
©boersengefluester.de
Fortec Elektronik
WKN
ISIN
Legal Type
Marketcap
IPO
Recommendation
Located
577410
DE0005774103
AG
49,24 Mio €
07.05.1990
Halten
The most important financial data at a glance
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
Sales1
87,73
77,43
89,03
105,85
94,53
79,50
82,00
EBITDA1,2
8,43
7,05
10,06
12,86
8,80
3,50
5,80
EBITDA-margin %3
9,61
9,11
11,30
12,15
9,31
4,40
7,07
EBIT1,4
6,48
5,32
8,45
10,68
7,06
1,50
4,00
EBIT-margin %5
7,39
6,87
9,49
10,09
7,47
1,89
4,88
Net profit1
4,78
3,88
6,25
7,55
5,30
1,00
2,75
Net-margin %6
5,45
5,01
7,02
7,13
5,61
1,26
3,35
Cashflow1,7
3,58
10,18
2,11
5,01
13,21
3,10
4,55
Earnings per share8
1,47
1,19
1,92
2,32
1,63
0,28
1,10
Dividend per share8
0,60
0,60
0,70
0,85
0,85
0,30
0,50
Bereits im Februar 2025 haben Sie die mittelfristige Prognose mit Umsätzen zwischen 120 und 130 Mio. Euro sowie einer EBIT-Marge von mindestens 10 Prozent von 2026 auf das Jahr 2030 verschoben. Vier Jahre Extrapuffer hören sich nicht gerade nach übermäßig viel Optimismus für die eigene Branche an. Oder wollten Sie einfach auf Nummer sicher gehen?
Sandra Maile: Die vergangenen zweieinhalb Jahre haben deutlich gemacht, wie herausfordernd vorausschauende Planung geworden ist. Der eigene Optimismus wird oft gebremst durch globale Verschiebungen oder eruptive Zollpolitik, auf die wir keinen Einfluss haben. Als Vorstand wollten wir deshalb auf Nummer sicher gehen.
Von Winston Churchill stammt das Zitat: „Lasse niemals eine gute Krise ungenutzt.“ Was sind die Lehren des Vorstandsteams von FORTEC aus der aktuellen Entwicklung?
Sandra Maile: Wir nutzen die aktuelle Krise u. a. für Vertriebsanpassungen im Segment Datenvisualisierung in Deutschland und eine personelle Neuausrichtung in den USA. Unser Produktportfolio wird überprüft, wobei wir gegebenenfalls auch Produkte auslisten, wenn diese unsere Anforderungen nicht mehr erfüllen. Im Stromversorgungssegment wurde bei FORTEC Power in Riedstadt am 1. Juli 2025 erfolgreich ein neues ERP-System eingeführt. In Tschechien bereiten wir den Umzug in ein größeres Gebäude für die zweite Jahreshälfte 2026 vor. Zudem planen wir innerhalb der nächsten zwölf Monate die Integration von NOTTROT in die FORTEC Group. Wir setzen unseren Kurs konsequent fort – unabhängig von der Krise.
Im August 2025 präsentieren Sie auf den Hamburger Investorentagen (HIT) von Montega. Was sind die wesentlichen Punkte, mit denen Sie die Investoren in der gegenwärtigen Situation von FORTEC überzeugen wollen?
Sandra Maile: Trotz der aktuellen wirtschaftlichen Lage und globaler Unsicherheiten ermöglichen unsere solide Bilanz und die konsequente Umsetzung der Strategie „Strong Together 2030“ weiterhin vielversprechende Perspektiven für die Zukunft. Wir sind gut aufgestellt und optimistisch, wieder an die positive Entwicklung der vergangenen Jahre anknüpfen zu können, sobald sich das Marktumfeld wieder aufhellt. Wir verharren nicht, sondern nutzen die Zeit aktiv, machen unsere Hausaufgaben und positionieren uns strategisch für den nächsten Aufschwung.
Frau Maile, Herr Ermel, herzlichen Dank für das Interview!
Foto: Fortec Elektronik AG