Leicht absurd ist es allemal, wenn auf der Investorenkonferenz von Steyr Motors zur Vorlage des Geschäftsberichts 2024 über die Dividendenstrategie gesprochen wird, wenn der Aktienkurs innerhalb von gerade einmal zehn Handelstagen eine rekordverdächtige Spanne von 26 bis 380 Euro ausfüllt. Da ist die zur Hauptversammlung am 7. Mai 2025 vorgeschlagene Dividende von 0,55 Euro schließlich nur eine Marginalie. Tatsächlich ist der Anteilschein des Anbieters von Spezialmotoren, die vorzugsweise im militärischen Bereich verbaut werden, ein Lehrstück dafür, was an der Börse alles passieren kann, wenn sich Trends verselbständigen.
Immerhin ist ein Börsenkurs von 380 Euro bei Steyr Motors gleichbedeutend mit einem Börsenwert von 1.976 Mio. Euro. Keine Frage: Die auf boersengefluester.de schon mehrfach vorgestellte Steyr Motors ist eine der wenigen börsennotierten Profiteure der massiven Ausweitung der Rüstungsausgaben aus dem Nebenwertebereich. Und auch CEO Julian Cassutti betont: „Der Defencebereich steht am Anfang eines Superzyklus und wir haben die perfekten Voraussetzungen.“ Doch selbst wenn Investoren das für 2027 avisierte EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von Untergrenze 40 Mio. Euro als Messlatte heranziehen, ist die aktuelle Marktkapitalisierung von immer noch 1.487 Mio. Euro nur schwer zu erklären. Dabei bietet der Börsenwert Raum für jede Menge Spekulationen: Zunächst einmal drängt sich die Frage auf, ob Steyr Motors nicht das Niveau für eine Kapitalerhöhung nutzen sollte, um damit das künftige Wachstum komfortabel zu untermauern. „Aktuell gibt es diesbezüglich keine Planungen. Der Businessplan bis 2027 basiert komplett auf Selbstfinanzierung“, sagt Julian Cassutti auf der Investorenkonferenz. Demnach ist zurzeit auch die Aufnahme von Fremdkapital via Anleihen oder ähnlicher Instrumente keine Option.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
Umsatzerlöse1
0,00
0,00
40,40
28,05
38,13
41,66
61,60
EBITDA1,2
0,00
0,00
2,90
1,38
-1,44
7,40
15,20
EBITDA-Marge %3
0,00
0,00
7,18
4,92
-3,78
17,76
24,68
EBIT1,4
0,00
0,00
2,00
0,39
-5,78
6,47
12,50
EBIT-Marge %5
0,00
0,00
4,95
1,39
-15,16
15,53
20,29
Jahresüberschuss1
0,00
0,00
1,50
0,19
-9,13
4,88
9,20
Netto-Marge %6
0,00
0,00
3,71
0,68
-23,94
11,71
14,94
Cashflow1,7
0,00
0,00
0,90
-5,80
1,88
0,45
7,10
Ergebnis je Aktie8
0,00
0,00
0,29
0,04
-1,76
0,94
1,50
Dividende je Aktie8
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,55
0,60
So kommt Steyr Motors mit den zurzeit gut 8 Mio. Euro an liquiden Mitteln gut zurecht, zumal es auch keine Bankverbindlichkeiten gibt. Das Investitionsbudget für 2025 beziffert Cassutti auf weniger als 5 Mio. Euro. Wenig verwunderlich ist ebenfalls, dass in Börsenkreisen regelmäßig über eine Platzierung oder gar einen kompletten Exit von Großaktionär Mutares spekuliert wird. Immerhin würde deutlich mehr Streubesitz als die zurzeit offiziell 11,4 Prozent schon mal erheblichen Druck vom Kessel nehmen. Die Beteiligungsgesellschaft Mutares hält 70,9 Prozent und unterliegt einer Lock-up-Frist von 180 Tagen ab Notizaufnahme. Demnach könnte Mutares ab Ende April 2025 Stücke abgeben. Auf den Hamburger Investorentagen (HIT) im Februar 2025 sagte Mutares-CIO Johannes Laumann noch bei seiner Präsentation: „Wir wollen in diesem Jahr noch etwas von unserem Anteil materialisieren.“ Allerdings stand die Steyr-Aktie damals noch bei 14 Euro – und nicht wie jetzt bei 276 Euro. Die Ausgangslage ist also eine ganz andere.
Dabei gab es auf dem Hoch sogar die kuriose Situation, dass der Mutares-Anteil an Steyr Motors mit knapp 1.416 Mio. Euro den kompletten Börsenwert von Mutares um fast 35 Prozent überragte. Das hat sich ein wenig nivelliert, zurzeit übersteigt die anteilige Kapitalisierung von Steyr Motors den Börsenwert von Mutares aber immer noch um knapp 23 Prozent. So gesehen ist Mutares zurzeit die clevere Aktienwahl, um mit Airbag auf Steyr zu spekulieren. Der ungewöhnliche Spread lässt sich allerdings auch so erklären, dass die Investoren dem Kurshype bei Steyr nicht trauen und die Korrelation beider Aktienkurse daher nicht mehr voll gegeben ist.
Gehandelt wird dabei Steyr mittlerweile sogar als SDAX-Kandidat, was beim jetzigen Ministreubesitz allerdings nicht sonderlich realistisch ist. Zudem wäre ein Uplisting aus dem Freiverkehrssegment Scale in den Prime Standard – wie es Mutares vor einiger Zeit vorgemacht hat – dafür obligatorisch. Ein Szenario, das das Team um Julian Cassutti zumindest nicht ausschließen will: „Das wäre der logische nächste Schritt.“ Aber auch diese Maßnahme hält boersengefluester.de kurzfristig für wenig wahrscheinlich. Erst einmal gilt es zu schauen, in welchen Sphären sich die Notiz nachhaltig einpendelt. Vorhersagen lässt sich das bei einer Aktie wie Steyr Motors zurzeit allerdings nicht einmal ansatzweise. Im Zweifel würden wir aber darauf tippen, dass der Aktienkurs in sechs Monaten eher niedriger ist als die zurzeit aufgerufenen Preise knapp unterhalb von 300 Euro. Eins lässt sich aber definitiv sagen: Wegen der Dividende braucht man momentan nicht auf Steyr Motors zu spekulieren.
INVESTOR-INFORMATIONEN
©boersengefluester.de
Steyr Motors
WKN
ISIN
Rechtsform
Börsenwert
IPO
Einschätzung
Hauptsitz
A40TC4
AT0000A3FW25
AG
338,00 Mio. €
30.10.2024
Nachtrag der Redaktion: Nur rund 30 Minuten nach Veröffentlichung unseres Beitrags zu Steyr Motors gibt es bereits ein Update von Mutares. Demnach hat sich Mutares – in Abstimmung mit der Emissionsbank Hauck Aufhäuser – auf eine Aufhebung des Soft-Lock-Ups verständigt und beschlossen, den Streubesitz in der Steyr-Aktie zu erhöhen. „Damit sollen auch Einstiegsmöglichkeiten für neue Investoren geschaffen und die Möglichkeiten zum Beteiligungsausbau für bestehende Investoren verbessert werden“, heißt es. Konkrete Größen nennen die Münchner noch nicht. Dem Vernehmen nach will Mutares aber wesentlicher Aktionär bei Steyr Motors bleiben und peilt einen „signifikanten“ Bruttoerlös aus der Transaktion an.
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