Unverändert schwer tut sich der Kapitalmarkt mit der Salzgitter-Aktie. Dabei sollten Anleger zumindest grob wissen, was zurzeit bei dem Stahlkonzern vor sich geht. Sehr viel spannender geht es nämlich nicht. An der Börse kommt das Unternehmen momentan auf eine Marktkapitalisierung von rund 1.239 Mio. Euro – bei einer Netto-Finanzverschuldung (inklusive Pensionsrückstellungen) von knapp 2.350 Mio. Euro. Daraus ergibt sich ein Enterprise Value (Unternehmenswert) von rund 3.589 Mio. Euro. Gemessen an den extrem schwankenden operativen Ergebnissen, die unter dem Strich häufig genug tiefrot waren, ist das zunächst einmal noch keine Einladung für ein Investment.
Selbst mit Blick auf das durchschnittliche EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) der vergangenen zehn Jahre von rund 150 Mio. Euro ändert sich das Bild zwar nicht grundlegend, in guten Zeiten war das EBITDA aber auch schon auf Größenordnungen nördlich von 500 Mio. Euro gesprungen. So hält das Management für das laufende Jahr ein EBITDA zwischen 350 und 550 Mio. Euro für möglich, was bezogen auf den aktuellen Enterprise Value ein attraktiver Wert wäre. Zudem übersteigt das ausgewiesene Eigenkapital von zuletzt 4.444 Mio. Euro den aktuellen Börsenwert durchaus signifikant. Nicht zu vergessen, dass Salzgitter 29,99 Prozent an dem im MDAX gelisteten Kupferrecycler Aurubis hält.
Aktueller Gegenwert: 1.048 Mio. Euro. Damit deckt allein das Aurubis-Paket der Börsenwert von Salzgitter zu annähernd 85 Prozent ab. Mit Sicherheit ein wesentlicher Grund dafür, dass der Aurubis-Vorstand Mitte April die Übernahmepläne eines Bieterkonsortiums um Ankeraktionär GP Günter Papenburg AG (Anteil: 26,7 Prozent) und den zum Remondis-Verbund gehörenden Recyclingunternehmen TSR aufgrund „signifikant unterschiedlicher Vorstellungen über aktuellen und zukünftigen Wert des Unternehmens“ abgeblockt hat.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
Umsatzerlöse1
8.547,30
7.090,80
9.767,40
12.553,30
10.790,50
10.011,70
9.740,00
EBITDA1,2
354,20
176,00
1.261,60
1.617,80
677,00
445,20
450,00
EBITDA-Marge %3
4,14
2,48
12,92
12,89
6,27
4,45
4,62
EBIT1,4
-187,50
-119,00
753,20
1.312,00
355,10
-179,10
140,00
EBIT-Marge %5
-2,19
-1,68
7,71
10,45
3,29
-1,79
1,44
Jahresüberschuss1
-237,30
-273,90
586,10
1.085,40
204,10
-347,90
35,00
Netto-Marge %6
-2,78
-3,86
6,00
8,65
1,89
-3,48
0,36
Cashflow1,7
250,70
18,30
329,40
596,50
892,00
408,40
530,00
Ergebnis je Aktie8
-4,46
-5,13
10,74
20,00
3,70
-6,51
0,58
Dividende je Aktie8
0,00
0,00
0,75
1,00
0,45
0,20
0,25
Nun: Bislang stand der Aurubis-Anteil nicht öffentlich zur Diskussion. Letztlich dürfte aber auch das am Ende alles eine Frage des Preises sein und könnte so erhebliche Reserven aufdecken. Unbedingt kursrelevant sind auch die Ambitionen des Managements, als Zulieferer für die Rüstungsindustrie – Stichwort: Panzerstahl – mehr Gewicht zu bekommen und dem bisherigen Hauptlieferanten SSAB aus Schweden Konkurrenz zu machen. Eine super spannende Konstellation, zumal funktionierende Lieferketten auch im Verteidigungsbereich entscheidende Bedeutung haben. Für Salzgitter ist Panzerstahl aber auch deshalb strategisch wichtig, da der Automotive-Sektor mit einem Umsatzanteil von zuletzt immerhin rund 18 Prozent im Geschäftsbereich Stahlverarbeitung eine anhaltend schwierige Branche ist, die durch die neuesten Zollverschärfungen der USA nochmals an Problematik gewinnt.
Hochinteressant aus Investorensicht ist zudem der Geschäftsbereich Technologie mit seiner Kernbeteiligung KHS. Das in den Bereichen Abfüll- und Verpackungstechnik tätige Unternehmen ist mit Erlösen von zuletzt 1.654 Mio. Euro ein wesentlicher Wettbewerber von Krones – und bei dem MDAX-Unternehmen aus Neutraubling laufen die Geschäfte richtig gut. In der aktuellen Bewertung des Salzgitter-Konzerns kommt das viel zu kurz. Bleibt die Frage, was ein möglicher Rückzug von Papenburg aus dem Aktionariat bedeuten würde. Zunächst einmal dürfte es wenig wahrscheinlich sein, dass Papenburg – wenn er es denn überhaupt vorhat – seine Stücke sukzessive über die Börse verkauft. Und ein neuer strategischer Investor könnte womöglich sogar über die 30-Prozent-Schwelle gehen. Per saldo bietet die Kombination aus wachsender Bedeutung von Aufträgen aus dem Infrastrukturbereich wie etwa für Brückenprojekte, dem Ausbau von Offshore-Windanlagen mit dem dafür benötigten Bedarf an Grobblech sowie der Forcierung des Defencesektors eine gute Wachstumsperspektive.
INVESTOR-INFORMATIONEN
©boersengefluester.de
Salzgitter
WKN
ISIN
Rechtsform
Börsenwert
IPO
Einschätzung
Hauptsitz
620200
DE0006202005
AG
1.262,04 Mio. €
02.06.1998
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Hinweis auf Interessenskonflikt(e): Der Geschäftsführer der boersengefluester.de GmbH, Gereon Kruse, hält unmittelbar Positionen in Finanzinstrumenten von Unternehmen, die in diesem Beitrag thematisiert werden und deren Kurse im Zuge dessen beeinflusst werden könnten: Salzgitter.