Deftige Kursausschläge sind für Aktionäre von Redcare Pharmacy nichts Ungewöhnliches. So sorgte zuletzt – mal wieder – eine Entscheidung des EuGH für Verunsicherung: Demnach bleibt auf den Preis abzielende Werbung für den Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel (Rx) grundsätzlich zulässig. Allerdings dürfen einzelne EU-Mitgliedstaaten solche Werbeaktionen verbieten, wenn die Gutscheine bei Folgekäufen auch für verschreibungsfreie Arzneimittel eingelöst werden können. Im Kern liegen bei dem Rechtsstreit der Wettbewerber DocMorris und die Apothekerkammer Nordrhein im Clinch, allerdings hat die Dauerfehde um die sogenannten Rx-Boni Abstrahleffekte auf Redcare Pharmacy. Der MDAX-Konzern sieht sich durch das EuGH-Update in seiner Position wiederum auf der sicheren Seite und begrüßt das Urteil, da das Unternehmen sein eigenes Bonusmodell – im Gegensatz zu DocMorris – auf einen Sofortrabatt umgestellt hat.
Nun: Noch ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit nicht gesprochen, letztlich ist der Vormarsch von Online-Apotheken aber ohnehin nicht aufzuhalten. Umso verständlicher, dass die Investoren ihr Augenmerk bei der Vorlage des Geschäftsberichts für 2024 auf den Ausblick von Redcare Pharmacy – ehemals Shop Apotheke Europe – legen. Und der kann sich sehen lassen: So rechnet CEO Olaf Heinrich für 2025 mit einem Umsatzplus von mindestens 25 Prozent sowie einer bereinigten EBITDA-Marge zwischen 2,0 und 2,5 Prozent. Das wiederum würde auf Erlöse von Untergrenze von rund 3.000 Mio. Euro sowie ein um außerordentliche Effekte – im Wesentlichen geht es hier um das Mitarbeiteroptionsprogramm – adjustiertes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von im Mittel rund 68 Mio. Euro hinauslaufen. Zur Einordnung: Zwischen dem berichteten EBITDA für 2024 von 29,23 Mio. Euro und dem bereinigten EBITDA gibt es eine Lücke von nur noch gut 4 Mio. Euro. Die Effekte halten sich also in Grenzen. Gleichwohl wird das Unternehmen auch für 2025 unter dem Strich nochmals deutlich rote Zahlen schreiben.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | ||
Umsatzerlöse1 | 701,01 | 968,06 | 1.060,32 | 1.204,35 | 1.798,76 | 2.370,58 | 3.000,00 | |
EBITDA1,2 | -18,58 | 15,20 | -38,73 | -29,66 | 39,99 | 29,23 | 63,00 | |
EBITDA-Marge %3 | -2,65 | 1,57 | -3,65 | -2,46 | 2,22 | 1,23 | 2,10 | |
EBIT1,4 | -33,45 | -0,87 | -65,70 | -69,17 | -17,30 | -38,99 | -8,00 | |
EBIT-Marge %5 | -4,77 | -0,09 | -6,20 | -5,74 | -0,96 | -1,65 | -0,27 | |
Jahresüberschuss1 | -36,27 | -16,77 | -74,19 | -77,65 | -11,61 | -46,36 | -19,00 | |
Netto-Marge %6 | -5,17 | -1,73 | -7,00 | -6,45 | -0,65 | -1,96 | -0,63 | |
Cashflow1,7 | -30,37 | 17,80 | 11,64 | -29,11 | 61,46 | 22,13 | 28,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | -2,78 | -1,17 | -4,15 | -4,32 | -0,73 | -2,27 | -0,92 | |
Dividende je Aktie8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Am Ende geht es um eine sinnvolle Balance aus den sich bietenden Wachstumspotenzialen im Zuge des E-Rezepts sowie den Ansprüchen des Kapitalmarkts nach Fortschritten auf der Ergebnisseite. „Unsere Guidance für das Jahr 2025 reflektiert unser starkes Commitment, die Profitabilität zu verbessern, das schnelle Wachstum fortzusetzen und darüber hinaus den Rx-Umsatz in Deutschland zu verdoppeln“, lautet daher auch das logische Fazit von CFO Jasper Eenhorst. An der Börse kommt die Botschaft krass gut an, jedenfalls macht der Aktienkurs von Redcare einen zweistelligen Satz nach oben auf rund 137 Euro. Auf diesem Niveau bringt es das Unternehmen auf einen Börsenwert von etwas mehr als 2.800 Mio. Euro – bei Netto-Finanzschulden von zuletzt circa 70 Mio. Euro. Angesichts des möglichen EBITDA-Potenzials in den kommenden Jahren ist das eine grundsätzlich eher moderate Bewertung.
Aber es gibt eben auch Unwägbarkeiten. So plant etwa die Drogeriekette dm in den Bereich der nicht verschreibungspflichtigen Gesundheitsprodukte einzusteigen. Der Margendruck wird also mit Sicherheit nicht weniger in den kommenden Jahren. Insofern hinkt der gesamte Sektor hinter den ursprünglich super hoch gesteckten Erwartungen der Anleger zurück. Bislang hat Redcare Pharmacy in Deutschland aber richtig gut performt, ist Marktführer im Bereich Rx und drückt die Stärke in einem bullishen Ausblick aus. Für risikobereite Investoren bietet der Titel eine prima Chance-Risiko-Kombination. Warburg Research setzt das Kursziel bei 178 Euro an und rät weiter zum Einstieg.
INVESTOR-INFORMATIONEN | ||||||
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Redcare Pharmacy | ||||||
WKN | ISIN | Rechtsform | Börsenwert | IPO | Einschätzung | Hauptsitz |
A2AR94 | NL0012044747 | N.V. | 2.759,56 Mio. € | 13.10.2016 | Kaufen |
Foto: Shutterstock