US-Investor und Hedgefondsmanager Michael Burry hat einmal
gesagt: „Es ist lächerlich zu glauben, dass Spekulationsblasen immer erst im
Nachhinein erkannt werden können.“ Da ist sicher viel Wahrheit dran, und doch
kommt es an den Märkten und insbesondere auch bei Einzelaktien regelmäßig zu
irrationalen Exzessen. Häufig ist es sogar so, als würden Anleger geradezu
angezogen von diesen Entwicklungen. Umso betroffener ist hinterher die
Stimmung, wenn die Türen für einen panikartigen Ausstieg viel zu klein sind.
Dabei gibt es etliche Warnhinweise, die auch von Privatanlegern relativ einfach
zu erkennen sind. Boersengefluester.de nennt wichtige Red Flags bei der
Aktienauswahl. Wichtiger Hinweis: Red Flags sollten immer im Gesamtkontext
betrachtet werden. Ein einzelnes Warnsignal muss nicht zwangsläufig bedeuten,
dass die Aktie unattraktiv oder gar gefährlich ist. Bei mehreren negativen
Faktoren sollten Anleger jedoch skeptisch sein.
1. Medienhype
Immer vorsichtig sein, wenn Aktien täglich in den Schlagzeilen der Finanzmedien auftauchen und es operativ dafür keine schlagenden Gründe gibt. Bei reißerischen Empfehlungen lohnt es sich zudem stets einen Blick auf den Disclaimer zu werfen. Handelt es sich um eine Auftragsempfehlung und wer profitiert davon? Gerade bei angesagten Themen wie KI, Drohnen, Green Tech oder Biotech gibt es viele wenig werthaltige Unternehmen, die in den Himmel gelobt werden. Dauerhaft problematisch sind diesbezüglich auch viele Explorer aus dem Rohstoffbereich.
2. Extreme Gewinnsteigerungen
Seien Sie immer wachsam, wenn Unternehmen über Jahre kaum Dynamik bei Umsatz und Ergebnis zeigen, die Gewinne in den kommenden Jahren aber plötzlich extrem steigen sollen. Die daraus resultierenden niedrigen KGVs sind häufig nur Wunschdenken von bezahlten Aktienpromotern. Umgekehrt sollten Sie auch dann vorsichtig sein, wenn Aktien ungewöhnlich hohe KGVs oder andere Ertragsmultiples haben – dies aber von der Kapitalmarktszene als wenig relevant abgetan wird.
3. Gewagte Kursziele
Lassen Sie sich nicht von exorbitanten Kurszielen blenden. Meistens sagen diese Ziele mehr über den Verfasser aus, als über die Aktie selbst. Auch hier gilt: Immer einen Blick auf den Disclaimer werfen! Gefährlich ist es auch, wenn in den einschlägigen Social Media-Kanälen alternative Meinungen im Keim unterdrückt werden und sich eine regelrechte Fan-Szene zu einer Aktie aufgebaut hat.
4. Alternative Geschäftszahlen
Sicher kann es für ein Unternehmen sinnvoll sein, seine Finanzkommunikation auf bereinigte Ertragskennzahlen zu fokussieren. In der Regel verschleiern übermäßig adjustierte Daten jedoch, wie es tatsächlich um das Unternehmen steht. Bei Firmen, die sogar eigene Kennzahlen „kreieren“, sollte Investoren klar sein, was sich genau hinter den Angaben verbirgt. Daher kann es nie schaden, einen Blick in die offiziellen Zwischen- und Jahresberichte zu werfen. Im Zweifel sollte die Lücke zwischen bereinigten und ausgewiesenen Zahlen im Zeitablauf eher kleiner werden.
5. Insiderverkäufe
Mitunter gibt es gute Gründe, wenn sich ein Vorstand oder Gründer auch mal von eigenen Aktien trennt. Grundsätzlich ist jedoch Vorsicht angebracht, wenn Insiderverkäufe überhandnehmen. Solche Director Dealings werden regelmäßig auf Seiten wie EQS News oder im IR-Bereich der Unternehmen veröffentlicht.
6. Hohe Shortseller-Quoten
Aktien mit einer hohen Leerverkaufsquote gelten als potenziell absturzgefährdet. Dafür leihen sich die Leerverkäufer Aktien von Banken oder anderen institutionellen Anlegern und verkaufen sie in der Hoffnung, die Papiere später noch günstiger zurückzukaufen. Unterstützt werden solche Aktivitäten häufig durch reißerische Studien bis dahin nicht in Erscheinung getretener Researchhäuser mit einem stark negativen Tenor. Nicht immer sind Shorties jedoch „böse Investoren“, mitunter sichern sie über Shortpositionen in der Aktie andere Investments in dem Unternehmen – etwa in Wandelanleihen – ab. In Tools wie dem RegSHO von boersengefluester.de lassen sich die aktuellen Short-Quoten bequem ablesen.
7. Komplexe Geschäftsmodelle
Unternehmen mit derart komplexen oder verschleierten Geschäftsmodellen, bei denen selbst Analysten nicht zu 100 Prozent durchsteigen, sind regelmäßig gefährlich. Das gilt insbesondere dann, wenn Vorstände sich sogar auf Kapitalmarktkonferenzen zu wesentlichen Informationen zur Herkunft von Umsätzen und Gewinne bedeckt halten. Als Privatanleger bekommt man das gut mit, wenn man sich die Inhalte in den einschlägigen Diskussionsforen durchliest. Unternehmen, die darüber hinaus auch noch unklare oder schwer verständliche Bilanzierungspraktiken nutzen, könnten versuchen, Probleme zu verschleiern.
8. Häufige Management-Wechsel
Die Alarmglocken sollten immer dann klingeln, wenn ein Unternehmen in relativ überschaubarer Zeit ungewöhnlich viele Veränderungen auf C-Level-Ebene hat. Besondere Bedeutung hat dabei der CFO (Finanzvorstand). Ein Indiz für mögliche Schwierigkeiten sind in diesem Zusammengang auch außerordentliche Wechsel des Wirtschaftsprüfers (Auditor). Stabile und erfahrene Führungskräfte sind dagegen meist ein positives Zeichen.
9. Hohe Verwässerungen
Achten Sie darauf, wie sich die Zahl der im Umlauf befindlichen Aktien verändert. Wenn durch regelmäßige Optionsprogramme, klassische Kapitalerhöhungen oder Wandelschuldverschreibungen immer weitere Aktien auf den Markt kommen, ist die Verwässerung am Ende so groß, dass selbst eine gute operative Entwicklung am Aktienkurs abperlt. Gerade im Rohstoffsektor ist es häufig so, dass die Zahl der umlaufenden Aktie sehr viel schneller wächst, als es Anlegern lieb sein kann. Dabei steigen Insider häufig zu Bruchteilen der offiziellen Aktienkurse ein.
10. Negativer Free Cashflow
Keine Frage: Längst nicht alle Unternehmen weisen einen positiven Free Cashflow aus. Trotzdem sollten Investoren regelmäßig auf die Entwicklung des freien Cashflows schauen. Bei dauerhaft negativen Werten ist Vorsicht angebracht. In diesem Zusammenhang sollten auch bei hohen Verschuldungen oder Verletzungen von Kreditvereinbarungen (Covenants) die Warnhinweise leuchten. So bekommen Unternehmen mit hohen Bankverbindlichkeiten schnell Problem mit steigenden Zinsen.
11. Mangel an Burggräben
Anhaltend rückläufige Umsätze sind regelmäßig ein Indiz für eine schwache Position im Wettbewerbsumfeld. Wenn Sie sich für eine Aktie interessieren: Schauen Sie unbedingt immer auch, welche Wettbewerber es gibt, was für Margen diese Marktbegleiter erzielen und wie sich deren Erlöse entwickeln. Schwierig ist es auch, wenn Unternehmen stark von behördlichen Regulierungen oder Subventionierungen abhängen. Änderungen in der Gesetzeslagen können Geschäftsmodelle dann schnell nachhaltig beschädigen. Riskant ist es zudem, wenn ein Unternehmen stark von wenigen Großkunden oder einem spezifischen Marktsegment abhängig ist. Unternehmen mit starkem Wettbewerbsvorteil – etwa durch Patente oder Markentreue – sind langfristig stabiler. Noch ein Tipp: Achten Sie auch auf laufende oder drohende Klagen. Insbesondere in stark regulierten Branchen wie Finanzen, Glücksspiel oder Gesundheit kann es schnell zu erheblichen Risiken kommen.
12. Geringe Transparenz/StaRUG
Gerade in wenig bis gar nicht regulierten Börsensegmenten wie dem Freiverkehr geht es mitunter zu wie im Wilden Westen. Das erstreckt sich von der Kursstellung bis hin zu den Aktionärsrechten im Fall von Übernahmen oder gar Delistings. Besser geschützt sind Anleger in regulierten Segmenten wie den Prime Standard oder dem General Standard. Bitter, aber es ist leider so: Mittlerweile muss man sich als Anleger im Spezialwertebereich auch fragen, ob die eigene Aktie möglicherweise „StaRUG“-gefährdet ist. Bei dieser Sonderform der Sanierung wird man als Investor kalt enteignet. So sollten Sie sensibel reagieren, wenn ein Unternehmen plötzlich offen über finanzielle Risiken oder potenzielle Krisen in seinen Berichten spricht. Dies könnte ein Hinweis sein, dass man sich auf eine Restrukturierung vorbereitet. Gefahr im Verzug ist immer auch dann, wenn das Management oder bedeutende Aktionäre des Unternehmens plötzlich zurücktreten oder ihre Beteiligungen veräußern.