Völlig irre, was im Oktober 2024 mit dem Aktienkurs von OTRS abging. Nachdem die Notiz des auf Helpdesk- und IT-Servicesoftware spezialisierten Unternehmens über Monate wie Blei in den Regalen lag, gab es – wie aus dem Nichts – unter hohen Umsätzen eine Rally von 5 auf 11 Euro. Nachhaltig war der steile Anstieg allerdings nicht, denn mittlerweile ist der Aktienkurs wieder bis auf 6,55 Euro zurückgefallen. Das entspricht einem Börsenwert von gut 12,5 Mio. Euro. Die in Oberursel nördlich von Frankfurt ansässige Gesellschaft ist am Kapitalmarkt also ein klassischer Microcap. Immerhin: Das Management von OTRS zeigt sich durchaus auf Kapitalmarktkonferenzen und hinterlässt dort einen agilen Eindruck. Tatsächlich hebt sich OTRS durch die Betonung der besonderen Unternehmenskultur und der Produkte von den meisten auf solchen Veranstaltungen anwesenden Firmen ab.
Erkennbar aber auch, dass die auf Börsenveranstaltungen sonst übliche Fixierung der Vorstände auf Zahlen, Renditen und Aktiencharts irgendwie nicht so der Hometurf von OTRS scheint. Das wiederum ist jetzt gar nicht negativ gemeint. Vielfalt tut ja auch dem uniformen Kurszettel gut. Andererseits würde es boersengefluester.de aber nicht überraschen, wenn es bei der nur im Freiverkehr gelisteten OTRS-Aktie perspektivisch zu einem Delisting kommen würde. Die Konstellation dafür wäre gegeben: CEO André Mindermann hält über die VBGM GmbH rund 40 Prozent der Aktien, dem Streubesitz sind etwa 30 Prozent zuzurechnen. Die restlichen 30 Prozent sind in der UX3 GmbH gebündelt, einem Investmentvehikel des Aufsichtsratsvorsitzenden und Mitgründers Burchard Steinbild. Losgelöst von solchen Szenarien geht der Blick momentan aber erst einmal auf die frisch vorgelegten Halbjahreszahlen. Bedingt durch den kräftigen Rückgang der Beratungserlöse sinken die Gesamtumsätze um knapp 6,4 Prozent auf 5,88 Mio. Euro.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | ||
Umsatzerlöse1 | 8,31 | 9,80 | 9,71 | 11,04 | 11,84 | 12,31 | 12,30 | |
EBITDA1,2 | 0,97 | 1,61 | 2,31 | 2,40 | 1,27 | -0,34 | -0,39 | |
EBITDA-Marge3 | 11,67 | 16,43 | 23,79 | 21,74 | 10,73 | -2,76 | -3,17 | |
EBIT1,4 | 0,58 | 1,12 | 1,76 | 1,71 | 0,49 | -1,57 | -1,65 | |
EBIT-Marge5 | 6,98 | 11,43 | 18,13 | 15,49 | 4,14 | -12,75 | -13,42 | |
Jahresüberschuss1 | 0,45 | 0,78 | 1,22 | 1,19 | 0,34 | -1,08 | -1,20 | |
Netto-Marge6 | 5,42 | 7,96 | 12,56 | 10,78 | 2,87 | -8,77 | -9,76 | |
Cashflow1,7 | 1,01 | 0,79 | 1,46 | 2,51 | 1,17 | -1,21 | 0,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,23 | 0,41 | 0,63 | 0,62 | 0,17 | -0,56 | -0,63 | |
Dividende je Aktie8 | 0,00 | 0,00 | 0,07 | 0,15 | 0,10 | 0,00 | 0,00 |
Wie angekündigt, investierte OTRS in Personal und eine weitere Verbesserung der Produkte, was sich entsprechend auch im Ertrag zeigt. So verschlechterte sich das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) in den ersten sechs Monaten 2024 von minus 536.000 Euro auf minus 960.000 Euro. Unterm Strich steht ein Fehlbetrag von 670.00 Euro (Vorjahresverlust: 380.000 Euro). Immerhin: Der operative Cashflow drehte schon wieder deutlich auf plus 606.000 Euro – nach minus 1,49 Mio. Euro in der Vorjahresperiode. Insgesamt ist die Gemengelage aber alles andere als entspannt. „Die anhaltend schwierige Phase fordert von uns, strategische Anpassungen vorzunehmen“, betont der Vorstand im Halbjahresbericht.
So wurde die zuletzt so hervorgehobene Kooperation mit dem Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner im Frühjahr 2024 beendet. „Wir nehmen die Erfahrungen und Ergebnisse aus zwei intensiven Jahren der Partnerschaft für nahezu alle unternehmerisch relevanten Themen und unsere individuellen Entscheidungen als Denkgrundlage“, heißt es dazu. Nach dem ganz großen Wurf klingt das jetzt nicht, selbst wenn OTRS an anderer Stelle betont, dass sich die Kooperation bewährt hat. Zunächst einmal muss der Vorstand die Prognose für das Gesamtjahr 2024 leicht nach unten korrigieren.
Statt des bislang angepeilten Umsatzzuwachses von rund 2 Prozent rechnet CEO André Mindermann jetzt mit einem Erlösminus von etwa 1 Prozent auf 12,3 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) wird dabei nun doch nicht stabil bleiben, sondern leicht unter dem Vorjahresniveau von minus 340.000 Euro erwartet. Zur Einordnung: Per Ende Juni 2024 zeigt OTRS ein EBITDA von minus 406.000 Euro. Demnach muss das zweite Halbjahr also signifikant besser werden, um selbst die neu formulierte Prognose zu schaffen. Positiv schon jetzt, dass die Gesellschaft explizit bestätigt, 2025 auf einen „nachhaltig profitablen Kurs“ zurückzukehren.
Demnach müssten die Nachrichten im kommenden Jahr deutlich besser werden, was auch dem Aktienkurs mehr Stabilität verleihen sollte. Die massiven Chartausschläge vom Oktober 2024 passen jedenfalls so gar nicht zu unserem Eindruck von OTRS. Insgesamt ist der Titel für boersengefluester.de eine gute Halten-Position. Die Analysten von Montega hatten die Aktie zuletzt Anfang Juli mit einem Kursziel von 12 Euro versehen.
INVESTOR-INFORMATIONEN | ||||||
©boersengefluester.de | ||||||
OTRS | ||||||
WKN | ISIN | Rechtsform | Börsenwert | IPO | Einschätzung | Hauptsitz |
A0S9R3 | DE000A0S9R37 | AG | 32,77 Mio. € | 23.12.2009 | Halten |
Foto: Clipdealer