Normalerweise ist boersengefluester.de eher konservativ, wenn es um die Einschätzung von Prognosen geht. Sollte Netfonds jedoch seine Topform aus dem ersten Quartal 2025 halten und seinen Ausblick für das Gesamtjahr tatsächlich einlösen, wäre das schon eine ziemlich gute Leistung. Die Chance für Anleger: Im Aktienkurs des am Kapitalmarkt kaum beachteten Finanzdienstleisters spiegeln sich die signifikanten Verbesserungen noch gar nicht wider. Die Notiz hängt nämlich noch immer in einem engen Seitwärtskanal zwischen 41 und 45 Euro fest. Dabei bringen es die Hamburger zurzeit auf einen Börsenwert von exakt 100 Mio. Euro, sind also durchaus eine Hausnummer im heimischen Spezialwertesektor.
Die Story ist Kurzform: Netfonds hat in den vergangenen Jahren viel Geld in ihre digitale Abwicklungsplattform finfire investiert und schafft es darüber hinaus, den Anteil an höhermargigen Investmentprodukten kontinuierlich auszubauen. Im Kern bleibt Netfonds dabei ein B2B-Dienstleister, der nicht in Konkurrenz zu den angeschlossenen Finanzberatern tritt. Gleichwohl ist der immer wichtiger werdende Bereich Vermögensverwaltung ein Ertragsbeschleuniger. Last but not least stärkt der Vorstand die bislang eher unterrepräsentierten Aktivitäten im grundsätzlich stark fragmentierten Versicherungsbereich und eröffnet so weitere Ertragspotenziale, wobei auch hier die finfire-Plattform die verbindende Klammer ist.
Wie sieht das alles in Zahlen aus? Für 2024 kommt Netfonds – was schon weitgehend bekannt ist – bei Nettoerlösen von 45,63 Mio. Euro auf ein EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von 8,06 Mio. Euro sowie einen Gewinn nach Steuern von knapp 2,60 Mio. Euro. Für den Überschuss lagen die ursprünglichen Erwartungen des Kapitalmarkts zwar ein wenig höher.Insgesamt hat das Team um CFO Peer Reichelt aber geliefert. Bemerkenswert auch, dass schon mehr als 70 Prozent der Umsätze wiederkehrend – also gut planbar – sind.
Beinahe noch wichtiger ist aber, dass davon mittlerweile mehr als 60 Prozent der Umsatzströme keine Provisionen sind, sondern Servicegebühren und Honorare. Ähnlich wie bei Discountbrokern, wo das strittige Thema Payment for Order Flow (POF) häufig für Unsicherheit sorgt, wäre Netfonds also auch bei regulatorischen Einschränkungen auf der Provisionsschiene vergleichsweise gut aus dem Schneider. Nochmals spannender wird es mit den frisch vorgelegten Q1-Zahlen sowie dem Ausblick für 2025. So zeigt Netfonds in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres ein strammes Umsatzplus um 27 Prozent auf 12,0 Mio. Euro. Das EBITDA kam dabei sehr deutlich von 0,9 auf 2,8 Mio. Euro voran und steht für eine EBITDA-Marge von 23,3 Prozent.
Erstmals überhaupt liegt die operative Rendite damit oberhalb von 20 Prozent und zeigt, was in der Plattformökonomie für Sprünge möglich sind. „Ziel für das Gesamtjahr ist eine EBITDA-Marge von mehr als 20 Prozent. Idealerweise kommt sie dicht an 25 Prozent“, sagt Finanzvorstand Reichelt auf der digitalen Investorenkonferenz via Airtime. In absoluten Zahlen entspricht das einer Umsatzguidance zwischen 52,5 und 54,0 Mio. Euro sowie einem EBITDA in einer Bandbreite von 12,0 bis 13,5 Mio. Euro. Abzüglich der Abschreibungen von vermutlich 4 bis 5 Mio. Euro würde das auf ein EBIT nördlich von 8 Mio. Euro hinauslaufen. Den daraus zu erwartenden Überschuss setzt boersengefluester.de derzeit bei rund 5 Mio. Euro an, was bezogen auf den aktuellen Börsenwert einem KGV von 20 entspricht. Das ist für ein Geschäftsmodell, wie es Netfonds betreibt, in Ordnung – aber sicher auch kein Schnapper.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
Umsatzerlöse1
26,47
31,82
38,64
33,62
36,60
45,63
53,60
EBITDA1,2
3,43
4,17
15,65
6,47
4,91
8,06
13,20
EBITDA-Marge %3
12,96
13,11
40,50
19,24
13,42
17,66
24,63
EBIT1,4
1,16
1,81
11,67
2,96
1,34
3,33
8,40
EBIT-Marge %5
4,38
5,69
30,20
8,80
3,66
7,30
15,67
Jahresüberschuss1
-0,40
0,03
8,74
0,88
-0,28
2,60
5,00
Netto-Marge %6
-1,51
0,09
22,62
2,62
-0,77
5,70
9,33
Cashflow1,7
-9,68
5,22
-17,77
3,07
1,50
0,00
0,00
Ergebnis je Aktie8
-0,19
0,01
3,79
0,38
-0,12
1,12
2,15
Dividende je Aktie8
0,00
0,16
0,25
0,25
0,25
0,35
0,40
Wirklich interessant wird es aber mit Blick auf den aktuellen Ausblick bis 2026. Der sieht für das kommende Jahr nämlich bereits ein EBITDA von um 23 Mio. Euro vor. Das wäre gegenüber dem Mittelwert der bisherigen Prognose für 2025 nochmals eine Verbesserung um 80 Prozent. Das sieht sportlich aus, aber CFO Peer Reichelt hält es für durchaus machbar, diese Lücke zu schließen. Immerhin bleibt Netfonds auf der Akquisitionsseite aktiv. Gut möglich, dass es in den kommenden Monaten noch zu zwei bis drei Transaktionen kommt. An Firepower haben die Hamburger nach der zuletzt um 7,5 Mio. Euro aufgestockten Anleihe sicher noch mehr als 10 Mio. Euro, wie Reichelt betont. Jedenfalls will das Vorstandsteam in den kommenden Wochen die bisherige Mittelfristprognose bis 2026 weiter nach vorn schreiben und einen Ausblick Richtung 2027/28 geben.
Die Kursziele der Analysten bewegen sich derzeit zwischen 67 Euro (Montega) und 78 Euro (NuWays). In beiden Varianten gibt es also viel Luft nach oben. Ansonsten ist die Hauptversammlung (HV) am 23. Juli 2025 die nächste wichtige Veranstaltung für Investoren. Auf der Agenda steht unter anderem eine von 0,25 auf 0,35 Euro je Aktie heraufgesetzte Dividende. Grundsätzlich ein gutes Signal, doch die damit verbundene Dividendenrendite beträgt deutlich weniger als 1 Prozent. Auch das zeigt: Netfonds positioniert sich klar als Wachstumscompany. Insgesamt wird das Unternehmen für unseren Geschmack deutlich unterschätzt an der Börse.
INVESTOR-INFORMATIONEN
©boersengefluester.de
Netfonds
WKN
ISIN
Rechtsform
Börsenwert
IPO
Einschätzung
Hauptsitz
A1MME7
DE000A1MME74
AG
100,63 Mio. €
03.09.2018
Kaufen
Foto: Shutterstock