Im ersten Halbjahr 2025 hat Masterflex erneut ein Rekordergebnis vorgelegt – trotz konjunktureller Herausforderungen. Im exklusiven Interview mit boersengefluester.de spricht CFO Mark Becks über Margenstärke, strategische Projekte wie den neuen Standort in Marokko und die Rolle nachhaltiger Innovationen. Bis 2030 will Masterflex rund 50 bis 60 Mio. Euro zusätzlichen Umsatz über Akquisitionen generieren. Die Aktie des Anbieters von Spezialschläuchen bleibt damit ein hochinteressantes Investment aus dem Spezialwertesegment.
Herr Becks, trotz konjunkturellem Gegenwind hat Masterflex im ersten Halbjahr 2025 ein neues Rekordergebnis erzielt. Was sind die Treiber hinter diesem Erfolg?
Mark Becks: Hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle, die teils gegenläufig waren. In positiver Hinsicht sind insbesondere höhere Volumina und damit Skaleneffekte sowie ein margenseitig vorteilhafter Produkt-Mix zu nennen. Hinzu kommt, dass wir weitere Effizienzgewinne in der Verarbeitung der Rohstoffe und im Materialeinkauf realisieren und damit insgesamt höhere Kosten bei Energie, Fracht und inflationsbedingt auch Personal letztlich mit Effizienzgewinnen mehr als kompensieren konnten. In Summe konnten wir so auch die negativen Sondereffekte in Höhe von 0,7 Mio. Euro aus der Renmimbi-Abwertung und den Anlaufkosten für den Standort Marokko mehr als wettmachen. Ohne diese Effekte wären wir bei einem operativen EBIT von 8,6 Mio. Euro beziehungsweise einer operativen EBIT-Marge von circa 16,1 Prozent gelandet. Das ist im aktuellen konjunkturellen Umfeld, in dem wir hinsichtlich Handels- und Geopolitik arbeiten mussten, schon beachtlich.
Wird es bei den Anlaufkosten für Marokko bei der Run-Rate von 0,3 Mio. Euro auf das Halbjahr gerechnet bleiben oder wird dieser Posten unter Umständen sogar steigen?
Mark Becks: Dieser Wert wird temporär noch steigen. In den nächsten Monaten jedoch weniger stark. Aber wenn wir zusätzliches Personal rekrutieren und dieses ausbilden, wird es einen Zeitraum mit einer höheren Belastung bis zum richtigen Produktionsstart geben. Unser Ziel ist es, die Gesellschaft, die ja ein reiner Produktionsstandort ist, anschließend zügig in die Gewinnzone zu führen.
Wie sind die Perspektiven bei der Kapazitätserweiterung in Marokko? Gibt es für den avisierten Produktionsstart in 2026 schon neue Kunden bzw. entsprechend absehbare Aufträge oder lasten Sie die Produktion zunächst aus dem laufenden Auftragsbestand aus, um Lieferzeiten zu verkürzen?
Mark Becks: Grundsätzlich ist die Luftfahrtindustrie ein boomender Markt. Insofern ist dieser Standort für uns sehr wichtig, allein um das Wachstum unserer Bestandskunden abzudecken, da wir an unseren derzeitigen Standorten in Norderstedt und in Tschechien dieses Wachstum nicht abbilden können. Natürlich zielen wir darauf, auch neue Kunden zu bedienen. Hier sind wir bereits in weit fortgeschrittenen Gesprächen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
Umsatzerlöse1
79,97
71,88
79,07
100,27
101,12
98,07
103,50
EBITDA1,2
9,66
7,89
10,67
16,44
17,87
18,16
19,70
EBITDA-Marge %3
12,08
10,98
13,49
16,40
17,67
18,52
19,03
EBIT1,4
4,54
2,34
5,34
11,39
12,30
12,53
14,00
EBIT-Marge %5
5,68
3,26
6,75
11,36
12,16
12,78
13,53
Jahresüberschuss1
2,44
0,80
3,30
7,83
8,04
8,29
9,35
Netto-Marge %6
3,05
1,11
4,17
7,81
7,95
8,45
9,03
Cashflow1,7
6,60
11,55
6,81
10,11
12,36
12,93
13,75
Ergebnis je Aktie8
0,26
0,08
0,34
0,81
0,83
0,86
0,94
Dividende je Aktie8
0,07
0,08
0,12
0,20
0,25
0,27
0,27
Sie haben für das laufende Jahr, konkret ab dem laufenden dritten Quartal, erste M&A-Aktivitäten ins Spiel gebracht. Gibt es bereits eine Richtung, in die es technologisch oder bezogen auf den Branchenschwerpunkt geht?
Mark Becks: Unsere M&A-Strategie ist klar an der Unternehmensstrategie „Hero@Zero“ ausgerichtet. Wir wollen uns technologisch verstärken – und das eher in den konjunkturunabhängigen Branchen wie beispielsweise Medizintechnik. Technologisch bedeutet dies entweder eine neue Materialkompetenz oder zusätzliche Wertschöpfungsschritte. Regional fokussieren wir uns derzeit auf Europa und Nordamerika.
Welche Umsatzdimension schwebt Ihnen dabei vor?
Mark Becks: Wir wollen bis 2030 circa 50 bis 60 Mio. Euro zusätzlichen Umsatz über Akquisitionen generieren. Das werden wir, Stand jetzt, schrittweise mit mehreren Akquisitionen erreichen. Insofern reden wir eher über Dimensionen von 5 bis 20 Mio. Euro Umsatz je Zukauf, auch wenn wir uns durchaus auch größere Targets anschauen. Für uns ist wichtig, dass die Zielunternehmen technologisch, kulturell und von der Beherrschbarkeit zu uns passen. Und sie müssen finanzierbar sein.
Wie wird die Finanzierung für ein derartiges Vorhaben aussehen, ausschließlich über Fremdkapital über Ihre Konsortialkreditlinie oder inklusive Aktienkomponente?
Mark Becks: Das ist ja das Schöne, wenn man an der Börse ist, dass einem verschiedene Finanzierungsoptionen zur Verfügung stehen. Auf Basis des Konsortialkreditvertrages steht uns ein Volumen von 55 Mio. Euro und optional weitere 25 Mio. Euro zur Verfügung. Diese Summen verstehen sich natürlich abzüglich der derzeitigen Verschuldung. Die im Kreditvertrag ausgehandelte Verschuldungsobergrenze, die einen Verschuldungsgrad von maximal dem dreifachen EBITDA vorsieht, bietet reichlich Raum für Akquisitionen. Insofern sind wir kreditseitig schon einmal stark aufgestellt. Grundsätzlich ist eine flankierende Kapitalerhöhung für uns denkbar. Das wird aber vom Börsenkurs und natürlich auch von der Investorenstimmung abhängen. Beides würde ich derzeit aber als sehr positiv werten.
Sie haben kürzlich einen neuen voll abbaubaren Cradle-to-Cradle-fähigen Schlauch angekündigt. Wann ist die Serienreife geplant?
Mark Becks: Mit HERO@ZERO wollen wir unseren Kunden den Weg in die Kreislaufwirtschaft ebnen. Unser vielverkaufter extrudierter Glatt- und Spiralschlauch aus Cradle-to-Cradle-konformen Polymer ist daher ein echter Meilenstein. Das verwendete Material ist biologisch abbaubar und zersetzt sich deutlich schneller als das Ursprungsmaterial und ist dabei gleichzeitig langlebig und zuverlässig im Betrieb. Über die Serienreife kann ich aktuell noch kein konkretes Datum sagen, wir sind aber insgesamt sehr zuversichtlich, da erste Testaufträge bereits erfolgreich laufen und auf Basis des heutigen technischen Standes weitere Projekte realisiert werden können. Wichtig hierbei ist, dass es sich nicht um eine neue Anwendung handelt. Aber bestehende Anwendungen können durch diesen unvergleichlich ökologischen Schlauch ersetzt werden. Und wir sind das einzige Unternehmen, welches ein derartiges Schlauchdesign anbietet.
Ist die dahintersteckende Technologie auf weitere Schlauchprodukte übertragbar und wie sieht es mit weiteren Innovationen aus?
Mark Becks: Wir testen weitere neue Materialien. Sowohl bei Spiralschläuchen wie auch bei Glattschläuchen wird es hier also weitergehen. Grundsätzlich arbeiten wir eng mit unseren Lieferanten zusammen, speziell in diesem Bereich zusätzlich auch mit verschiedenen Instituten, unter anderem dem EPEA von Prof. Braungart, so dass in Zukunft hier noch einiges zu erwarten ist.
Beim Ausblick auf 2025 haben Sie nicht nur die bisherige Prognose bestätigt, sondern auch mehrere Kundenprojekte mit hohem Umsatzpotenzial in Aussicht gestellt. Wie sieht es damit aus und ist die Prognose davon abhängig?
Mark Becks: Langfristig sicherlich, die Prognose für 2025 ist davon nur eingeschränkt betroffen. Mit unserer Prognose fühlen wir uns derzeit gut aufgestellt. Die angesprochenen großen Kundenprojekte haben eher eine längerfristige, strategische Bedeutung.
Mit welchen Erwartungen blicken Sie konkret auf das Jahresendgeschäft 2025 und das kommende Jahr?
Mark Becks: Für 2025 erwarte ich, dass wir unseren Wachstumskurs fortsetzen und damit unsere Prognose, gerne am oberen Rand, erfüllen. Eine Akquisition wäre wünschenswert, aber hier steht natürlich Sinnhaftigkeit vor zeitlichem Druck. Für 2026 und auch für die darauffolgenden Jahre sind sicherlich die Themen erfolgreicher Produktionsstart in Marokko, Akquisitionen sowie organisches Wachstum die wesentlichen Treiber. Wie bereits kommuniziert wollen wir bis 2030 den Umsatz auf 200 Mio. Euro steigern. Davon 40 bis 50 Mio. Euro durch organisches Wachstum und 50 bis 60 Mio. Euro durch Zukäufe. Und dadurch ist natürlich die Erwartungshaltung auch für 2026 definiert.
INVESTOR-INFORMATIONEN
©boersengefluester.de
Masterflex
WKN
ISIN
Rechtsform
Börsenwert
IPO
Einschätzung
Hauptsitz
549293
DE0005492938
SE
124,83 Mio. €
16.06.2000
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Foto: Masterflex SE