Wohl jeder Anleger kennt dieses Bonmot: „An der Börse wird nicht zum Einstieg geklingelt.“ Im übertragenen Sinn ist das natürlich korrekt. Doch hin und wieder lohnt es sich eben doch, tiefer in die Materie einzusteigen – selbst wenn die Zusammenhänge auf den ersten Blick kompliziert erscheinen. Jedenfalls hat boersengefluester.de den Eindruck, dass die jüngsten Meldungen von LAIQON um die kapitalmäßigen Verflechtungen mit der „meine Volksbank Raiffeisenbank eG“ aus Rosenheim (kurz: mVBRB) deutlich mehr Signalcharakter für eine signifikante Kurswende haben, als es der Kapitalmarkt derzeit erkennt. Worum geht es in groben Zügen? Der in Hamburg ansässige Asset-Manager mit starker Digitalkompetenz und traditionell guten Geschäftskontakten in den Genossenschaftsbereich hatte im Februar 2023 über die LAIQON-Tochter Bayerische Vermögen (BV) ein Joint-Venture mit der Volksbank Rosenheim für die Vermögensverwaltung gehobener Privatkunden gegründet, was auch kapitalmäßig unterlegt wurde. 25 Prozent an der neue gegründeten „meine Bayerische Vermögen“ (mBV) entfallen auf die BV, die restlichen 75 Prozent auf Rosenheim.
Eine vom Volumen her nicht zu unterschätzende Kooperation, immerhin gehören zum Volksbankenverbund Rosenheim auch finanzkräftige Landkreise wie München oder Miesbach in der Nähe vom Tegernsee. Die gemeinsamen Geschäfte entwickeln sich so gut, dass die Volksbank Rosenheim die Zusammenarbeit nun auf eine noch höhere Ebene hievt. Demnach beteiligt sich die Regionalbank schrittweise mit 25 Prozent direkt an der Bayerische Vermögen und hat darüber hinaus via Barkapitalerhöhung einen Anteil von 5,04 Prozent an dem LAIQON-Fintech LAIC Capital erworben. „Mit unserer Beteiligung streben wir neben der starken Präsenz der Bank in der Region auch zusammen den Ausbau im Vermögensverwaltungsbereich an“, sagt Roland Seidl, Vorstand der mVBRB.
Interessanter Nebenaspekt: Das Engagement bei LAIC fiel zeitlich in eine laufende Finanzierungsrunde via Token. Da dieses Konstrukt für die Rosenheimer jedoch eher schwierig umsetzen war, haben sich die Parteien kurzerhand für den direkten Cash-Weg entschieden. Über die finanziellen Details herrscht Stillschweigen, nach Auffassung von boersengefluester.de müsste sich das Gesamtengagement jedoch im mittleren bis hohen einstelligen Millionen-Euro-Bereich bewegen. So fand die Emission des LAIC-Token 24 auf Basis einer Bewertung von 65 Mio. Euro statt, bei der Bayerischen Vermögen (BV) lassen sich Schlussfolgerungen über die Bewertung etwa aus den Rahmenparametern des Ende 2021 erfolgten Einstiegs von LAIQON (damals noch firmierend als Lloyd Fonds) sowie dem gut einem halben Jahr später erfolgten Squeeze-outs der BV Holding AG zu einer Bewertung von knapp 23,4 Mio. Euro heranziehen. Zugegeben: Da es in der Zwischenzeit Anpassungen in der Gesellschaftsstruktur gab und noch immer gibt, lassen sich die Zahlen nicht eins zu eins vergleichen. Als grobe Indikation sollte unsere Schätzung aber durchaus taugen.
Noch wichtiger als die exakte Euro-Summe ist aber ohnehin das Signal, was von dem Engagement ausgeht. Schließlich ist die Transaktion ein klares Indiz dafür, dass – anders als es der seit rund 2,5 Jahren im Abwärtstrend befindliche Aktienkurs von LAIQON vermuten lässt – vieles in die richtige Richtung vorangeht bei den Hamburgern. Dabei steht das eigentliche Highlight Mitte Oktober 2024 erst noch vor dem Startschuss: Die bereits im September 2023 kommunizierte Kooperation der ebenfalls zur Geno-Finanzgruppe gehörenden Union Investment zur Nutzung von KI-Produkten aus dem Ökosystem von LAIC. Jedenfalls zeigt sich LAIQON-CEO Achim Plate im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de zuversichtlich, die Ziele für 2025 von LAIQON (8 bis 10 Mrd. Euro Assets-under-Management, AuM) und sowie die bis 2028 reichenden Vorgaben für LAIC (5,5 bis 6,5 Mrd. AuM) zu erfüllen. „Union Investment wird ein Game-Changer für uns“, sagt Plate.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | ||
Umsatzerlöse1 | 7,92 | 8,22 | 27,74 | 26,12 | 21,58 | 30,75 | 0,00 | |
EBITDA1,2 | -1,67 | -9,68 | 6,96 | 4,61 | -9,95 | -4,69 | 0,00 | |
EBITDA-Marge3 | -21,09 | -117,76 | 25,09 | 17,65 | -46,11 | -15,25 | 0,00 | |
EBIT1,4 | -1,78 | -10,94 | 3,21 | 1,25 | -14,66 | -11,08 | 0,00 | |
EBIT-Marge5 | -22,48 | -133,09 | 11,57 | 4,79 | -67,93 | -36,03 | 0,00 | |
Jahresüberschuss1 | -1,53 | -0,09 | 2,50 | 6,63 | -10,54 | -12,87 | 0,00 | |
Netto-Marge6 | -19,32 | -1,10 | 9,01 | 25,38 | -48,84 | -41,85 | 0,00 | |
Cashflow1,7 | -1,24 | 1,42 | -0,95 | 19,96 | -2,77 | -10,74 | 0,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,16 | -0,01 | -0,05 | 0,39 | -0,67 | -0,51 | -0,35 | |
Dividende je Aktie8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Eine hoch spannende Frage wird dabei, ob sich perspektivisch auch Union und weitere regionale Volksbanken an LAIQON beziehungsweise der Digitaltochter LAIC beteiligen. Normalweise wäre das als erklärtes Ziel nur logisch und würde im Interesse von Plate liegen. Schließlich sollten weitere Ankeraktionäre aus dem Genossenschaftssektor der Börsenstory extrem förderlich sein. Einzige Einschränkung: Den jetzigen Anteil von LAIQON an LAIC Capital von 80,04 Prozent möchte Plate ungern weiter verwässern und neue Investoren lieber direkt bei LAIQON begrüßen. „In der AG ist genügend Platz“, sagt der Manager mit einem Augenzwinkern. Bewertungstechnisch kommt die LAIQON-Aktie ohnehin sehr geerdet daher: Bezogen auf die 65-Millionen-Euro-Bewertung bei der Token 24-Runde deckt allein der Anteil an LAIC die gesamte Marktkapitalisierung von LAIQON zum mehr als 56 Prozent ab.
Für die restlichen 40 Mio. Euro Börsenwert bekommen Anleger mehr als 6 Mrd. Euro verwaltetes Gesamtvermögen in den Bereichen Asset – und Wealthmanagement. Zwar gibt es keine feste Relation zwischen Assets under Management sowie der Marktkapitalisierung. Doch mit nachhaltig besseren Börsen sollten auch die für LAIQON so wichtigen Performance Fees aus dem Fondsgeschäft wieder deutlich mehr Sichtbarkeit bekommen. Die für 2023 und 2022 vereinnahmten Erfolgsprämien von jeweils rund 0,8 Mio. Euro lagen dabei meilenweit unter den Zahlungen von 14,8 Mio. Euro (2020) und 9,3 Mio. Euro (2021) während des Börsenbooms. Nun hat der Aktienmarkt noch längst nicht die Kurserfolge aus früherer Breite zurück und die Messlatten für die Bemessung der Performance Fees liegen entsprechend hoch. Zum Halbjahr 2024 zeigt LAIQON aber bereits knapp 1 Mio. Euro an Performance Fees – auch das ein deutlicher Ruck nach oben.
Die Analysten von NuWays trauen der LAIQON-Aktie derzeit Kurse von bis zu 8,70 Euro zu. Um die Börsennotiz anzuschieben, hat Achim Plate zudem mit Gregor-Alexander Walscheid kürzlich einen gut vernetzten neuen Investor Relations-Manager an Bord genommen. „Unsere Kooperationen sind kein Zufallstreffer. Dies gilt es neuen Investoren – verstärkt auch aus dem Ausland – zu kommunizieren“, sagt Plate. Darüber hinaus könnte die Story breiter erzählt werden, wenn neben den genossenschaftlichen Partnern auch große Lebensversicherungen oder namhafte Fintechs auf die White Label-Lösungen der Hamburger setzen. All das wird an der Börse derzeit unterschätzt. Und was die weitere Finanzierung angeht, ist die Fintech-Tochter LAIC mittlerweile ausreichend versorgt.
INVESTOR-INFORMATIONEN | ||||||
©boersengefluester.de | ||||||
LAIQON | ||||||
WKN | ISIN | Rechtsform | Börsenwert | IPO | Einschätzung | Hauptsitz |
A12UP2 | DE000A12UP29 | AG | 107,81 Mio. € | 28.10.2005 | Kaufen |
Foto: Adobe Stock
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