Bei diesem Smallcap ist irgendwie alles anders: Das fängt schon beim zuletzt ausgewiesenen Umsatz von knapp 1,30 Mrd. Euro an, der so gar nicht zu den im Spezialwertebereich sonst üblichen – sehr viel kleineren – Dimensionen passt. Ungewöhnlich auch der Name HMS Bergbau. Das klingt nach Kohle, Steigerlied und Ruhrpott. Tatsächlich sitzt die 1995 von Heinz Schernikau gegründete Gesellschaft in Berlin und betreibt gar keine eigene Förderung. Doch die Assoziation zum Grubengold ist trotzdem richtig, denn HMS Bergbau setzt deutlich mehr als 90 Prozent seiner Erlöse mit Kohle um – allerdings in der Rolle eines Händlers. So beliefert HMS vorzugsweise Stahl- und Zementproduzenten, Industrie-Unternehmen, Versorger oder auch Abfallverarbeiter mit Kohle zum Betrieb ihrer Anlagen.
Zu rund 95 Prozent gehen die Lieferungen nach Asien und Afrika. Per saldo ist das Geschäftsmodell eine Kombination aus Beschaffung, Finanzierung, Vermarktung sowie Transport und Logistik. On top besitzt HMS zwei Mehrheitsbeteiligungen an kasachischen Gesellschaften mit Abbaulizenzen, unter anderem für Lithium sowie seltene Erden. Eine eigene Lagerhaltung betreibt das Unternehmen nicht. Abgerechnet wird regelmäßig in US-Dollar. Akkreditive sichern die Forderungen ab. „Unser Geschäft ist krisenresilient", sagt Finanzvorstand Jens Moir beim Einzelgespräch mit boersengefluester.de auf dem Eigenkapitalforum der Deutschen Börse Ende November in Frankfurt.
Besonders an HMS ist auch der Blick auf den Aktienchart – das Listing im Freiverkehr erfolgte übrigens vor fast genau 16 Jahren am 8. Dezember 2008. Im Gegensatz zur allgemeinen Nebenwerte-Tristesse hat sich die Notiz 2024 bislang nämlich um 35 Prozent Richtung Norden entwickelt. Dabei gab es zwischen 2021 und 2023 so gut wie keine Kursbewegungen in dem Titel, was den aktuellen Schub noch erstaunlicher macht. Wesentlicher Treiber sind die anhaltend starken operativen Zahlen. „Wir wachsen deutlich“, sagt Moir. So ist das EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) für 2022 und 2023 mit jeweils gut 15 Mio. Euro beinahe dreimal so hoch wie noch 2021. Und die Daten für das Halbjahr 2024 deuten für das Gesamtjahr auf eine weitere Verbesserung hin. Die offiziellen Prognosen des Vorstands für 2024 sehen bei Umsätzen von rund 1,30 Mrd. Euro ein EBITDA im unteren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich vor, was eher konservativ formuliert ist.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | ||
Umsatzerlöse1 | 254,20 | 215,42 | 267,08 | 427,74 | 971,91 | 1.296,20 | 1.310,00 | |
EBITDA1,2 | 2,09 | 2,09 | 5,49 | 5,58 | 15,35 | 15,66 | 18,00 | |
EBITDA-Marge3 | 0,82 | 0,97 | 2,06 | 1,31 | 1,58 | 1,21 | 1,37 | |
EBIT1,4 | 1,11 | 2,34 | 2,41 | 5,41 | 14,98 | 15,36 | 16,80 | |
EBIT-Marge5 | 0,44 | 1,09 | 0,90 | 1,27 | 1,54 | 1,19 | 1,28 | |
Jahresüberschuss1 | 1,45 | 0,51 | 2,81 | 3,20 | 10,39 | 12,44 | 13,00 | |
Netto-Marge6 | 0,57 | 0,24 | 1,05 | 0,75 | 1,07 | 0,96 | 0,99 | |
Cashflow1,7 | 5,75 | 1,99 | 5,33 | 15,35 | -1,23 | 9,98 | 10,60 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,32 | 0,11 | 0,62 | 0,71 | 2,29 | 2,74 | 2,82 | |
Dividende je Aktie8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,04 | 0,77 | 0,92 | 0,94 |
Nicht ganz unerheblich für die Börsenperformance ist allerdings auch, dass die HMS-Aktie seit dem Sommer regelmäßig von mwb Research gecovert wird. Die Analysten raten zum Einstieg mit einem Kursziel von 36 Euro. Damit hat der Titel ein Potenzial von nochmals gut 20 Prozent. Die EBITDA-Schätzung von mwb für das laufende Jahr beträgt dabei 18,40 Mio. Euro – nach 15,66 Mio. Euro für 2023. Neben der international unverändert robusten Nachfrage nach dem hierzulande politisch und medial meist verteufelten Energieträger Kohle sind es insbesondere die deutlich ausgebauten Zugänge zu Banken, die HMS einen höheren Warenumschlag ermöglichen. Ganz frisch ist etwa eine Vereinbarung mit der vietnamesischen Vietcombank über eine neue Kreditlinie mit einem Volumen im unteren dreistelligen Millionen-Dollar-Bereich. „Finanzierung ist der Schlüssel zum Erfolg“, betont CFO Jens Moir.
Ob damit perspektivisch auch eine Barkapitalerhöhung oder die Emission eines anderen Instruments eine Option ist, lässt der Finanzexperte zum gegenwärtigen Zeitpunkt offen. Nun ist ein Besuch beim Eigenkapitalforum in Frankfurt nicht zwingend mit konkreten Finanzierungsabsichten verbunden. Angesichts der offensichtlich ausgebauten Investor Relations-Aktivitäten würde boersengefluester.de ein solcher Schritt aber auch nicht komplett überraschen. Zurzeit beträgt die Eigenkapitalquote 19,5 Prozent, bei Netto-Finanzverbindlichkeiten (inklusive Pensionsrückstellungen) von etwas mehr als 9 Mio. Euro.
Last but not least noch ein wenig Spezialwissen für den Börsenstammtisch: Die Kürzel HMS im Firmennamen stehen für Heinz und Michaela Schernikau. Der Name der ebenfalls der Familie zurechenbaren LaVo Verwaltungsgesellschaft (Anteil: 34,28 Prozent) speist sich derweil aus den Vornamen von Sohn Lars und Tochter Vonny (Yvonne). Im Streubesitz befinden sich offiziell 23,35 Prozent. Die Aktiendaten gefallen uns unterm Strich überdurchschnittlich gut. Und auch wenn das Börsendebüt schon so viele Jahre zurückliegt: Boersengefluester.de ist immer froh, wenn es eine ungewöhnliche Story zu erzählen gibt, die wir bislang nicht auf dem Schirm hatten. Finanzvorstand Moir zeigt sich ebenfalls zuversichtlich, was die künftige Entwicklung angeht: „Wir skalieren weiter.“ Aufgrund des relativ illiquiden Börsenhandels sind enge Limits aber unbedingt ratsam.
INVESTOR-INFORMATIONEN | ||||||
©boersengefluester.de | ||||||
HMS Bergbau | ||||||
WKN | ISIN | Rechtsform | Börsenwert | IPO | Einschätzung | Hauptsitz |
606110 | DE0006061104 | AG | 134,05 Mio. € | 08.12.2008 | Kaufen |
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