Schon ein wenig verrückt: Auf dem Eigenkapitalforum der Deutsche Börse AG 2024 waren wir gerade auf dem Weg in den Vortragsraum der Smartbroker Holding, als uns ein bekannter Investor die – leider zeitgleich – stattfindende Präsentation von Heidelberg Pharma schmackhaft machen wollte. Nun: Teilen kann sich das Team von boersengefluester.de noch nicht, daher blieb es bei der ebenfalls sehenswerten Präsentation des Smartbroker-Vorstands André Kolbinger. Die geplante Biotech-Dosis war schließlich 30 Minuten später in Form der Eckert & Ziegler-Abspaltung Pentixapharm Holding geplant. Umso größer die Überraschung, dass der für Pentixapharm präsentierende Andreas Eckert in seinen Folien rund um die Entwicklung von Radiopharmazeutika plötzlich den spannenden und „strukturell ähnlichen“ Investmentcase von Heidelberg Pharma einbaute.
Bei allen Unwägbarkeiten und Risiken in der Medizinforschung: Das hörte sich beinahe so an, als wenn der Champagner bei Heidelberg Pharma schon kaltgestellt sei und die Investoren nur noch auf den Tag X im Jahr 2025 mit dem großen Geldregen warten müssten. Die Story in Kurzform: Immer wieder finanziell unterstützt vom Ankeraktionär Dietmar Hopp, forscht Heidelberg Pharma an innovativen Ansätzen zur Behandlung von Krebs mit Hilfe von Amanitin aus dem giftigen grünen Knollenblätterpilz. Ziel ist es, präzise wirkende therapeutische Antikörper mit der zellabtötenden Wirkung von Chemotherapeutika zu kombinieren – quasi eine Strahlentherapie im Innern des Körpers.
Zu den größten kommerziellen Erfolgen von Heidelberg Pharma gehört die 2017 erfolgte Auslizenzierung eines radioaktiv markierten Antikörpers an das australische Unternehmen Telix Pharmaceuticals, mit dessen Hilfe die Behandlung von Nierentumorpatienten deutlich verbessert werden sollte – inklusive der Vermeidung von unnötigen Operationen. Ende 2023 reichte Telix bei der US-Arzneimittelbehörde FDA tatsächlich den Zulassungsantrag für das Diagnostikum Zircaix ein. Im Frühjahr 2024 wiederum unterzeichnete Heidelberg Pharma einen Vertrag mit der US-Company HealthCare Royalty Pharma über den teilweisen Verkauf künftiger Lizenzgebühren aus den weltweiten Erlösen mit Zircaix.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | ||
Umsatzerlöse1 | 3,67 | 7,31 | 8,49 | 1,75 | 18,51 | 9,86 | 11,00 | |
EBITDA1,2 | -11,30 | -9,60 | -17,55 | -24,83 | -16,62 | -20,33 | -25,10 | |
EBITDA-Marge3 | -307,90 | -131,33 | -206,71 | -1.418,86 | -89,79 | -206,19 | -228,18 | |
EBIT1,4 | -11,67 | -10,14 | -18,28 | -25,63 | -17,18 | -21,21 | -21,00 | |
EBIT-Marge5 | -317,98 | -138,71 | -215,31 | -1.464,57 | -92,82 | -215,11 | -190,91 | |
Jahresüberschuss1 | -11,67 | -10,15 | -18,37 | -26,14 | -19,70 | -20,35 | -25,50 | |
Netto-Marge6 | -317,98 | -138,85 | -216,37 | -1.493,71 | -106,43 | -206,39 | -231,82 | |
Cashflow1,7 | -9,98 | -8,56 | -17,89 | -26,61 | -8,57 | -33,95 | 0,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,41 | -0,36 | -0,61 | -0,80 | -0,44 | -0,31 | -0,30 | |
Dividende je Aktie8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Neben einer Vorabzahlung von 25 Mio. Dollar haben die Deutschen hieraus Anspruch auf bis zu 90 Mio. Dollar (umgerechnet: 85 Mio. Euro). Später sollen die Lizenzgebühren wieder an Heidelberg Pharma fallen und HealthCare Royalty Pharma würde einen niedrigen einstelligen Prozentsatz an Lizenzgebühren erhalten, was freilich auch zu einem hübschen Strom an Tantiemen führen würde. Soweit die Theorie, in der Praxis rechnen Branchenkenner für das erste Quartal 2025 mit einem positiven Zulassungsbescheid der FDA. Das wiederum ist später als gedacht, da es Probleme bei der Sterilitätssicherung für das Produkt gab. Gänzlich auf grünes Licht haben sich die Börsianer bislang also nicht eingestellt. Tatsächlich ist der Börsenkurs von Heidelberg Pharma sogar auf ein Mehr-Jahres-Tief von 2,20 Euro gerutscht, was einer Kapitalisierung von nur noch knapp 103 Mio. Euro entspricht.
Das wiederum ist nicht nur wegen der validen Spekulation auf den Geldfluss von HealthCare Royalty unverständlich niedrig. Schließlich hat Heidelberg Pharma noch diverse andere Optionen im Köcher. Leitkandidat ist das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat HPD-101, das sich gegen Krebserkrankungen des Knochenmarks richtet. Hier befindet sich das Unternehmen in der klinischen Phase I/IIa – also noch relativ früh, was aber typisch für die Aktivitäten der Gesellschaft ist. Die bisherigen Resultate für HPD-101 sehen jedoch vielversprechend aus. Zurzeit steht die optimale Dosisfindung auf der Agenda.
Keine Frage: Der Blick auf den Chart ist – wie bei so vielen Spezialwerten – eine komplette Spaßbremse. Dem Vernehmen nach musste ein Biotech-Fonds seine Position signifikant verringern, was in Kombination mit dem weitgehenden Käuferstreik die jetzt womöglich irrationale Bewertung begünstigte. Überflüssig zu erwähnen: Biotech-Aktien sind generell extrem risikobehaftet und eignen sich daher nur für sehr erfahrene Anleger. Das gilt noch viel mehr für Smallcap-Biotechs. Last but not least: Die eigentliche Präsentation von Andreas Eckert für den Börsenneuling Pentixapharm hat boersengefluester.de – wie vielen anderen Investoren auf dem Eigenkapitalforum – ebenfalls richtig gut gefallen.
INVESTOR-INFORMATIONEN | ||||||
©boersengefluester.de | ||||||
Heidelberg Pharma | ||||||
WKN | ISIN | Rechtsform | Börsenwert | IPO | Einschätzung | Hauptsitz |
A11QVV | DE000A11QVV0 | AG | 105,79 Mio. € | 13.11.2006 | Kaufen |
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