Die Flucht nach vorn hat sich ausgezahlt. Seit Jahren entwickelt GBS Software Lösungen im Bereich Zahlungsverkehr und hat mit NCR dabei sogar einen namhaften strategischen Partner. Einzig der wirtschaftliche Erfolg der in der Tochter GBS Pay gebündelten Aktivitäten ist bislang eher übersichtlich und bleibt damit ein Hoffnungsprojekt. Insbesondere auch um die aus der Börsenhistorie mitgebrachten Verlustvorträge nicht verpuffen zu lassen, hat sich CEO Markus Ernst im Sommer 2023 zu einem ungewöhnlichen Schritt entschlossen und für knapp 1 Mio. Euro eine Mehrheitsbeteiligung an dem Elektroschrottaufbereiter Recycling Ostsachsen Aktiengesellschaft – kurz: ROSAG – erworben. Normalerweise passen Payment und aussortierte Computertechnik, Mobiltelefone oder auch Stromzähler nun gar nicht zusammen, doch für GBS ist die im Landkreis Görlitz an der Grenze zu Polen ansässige ROSAG das perfekte Vehikel, um endlich an stabile Erträge zu kommen.
Dabei war die Transaktion mit diversen Kapital- und auch Strukturmaßnahmen durchaus komplex. Ein Blick auf das Chartbild – wenn man den regelmäßig fast waagerechten Kursverlauf denn so bezeichnen mag – zeigt, dass die Investoren die Ausweitung der Geschäftsaktivitäten bislang entweder ignoriert oder womöglich auch gar nicht erst mitbekommen haben. Kein Wunder: Mit einem Börsenwert von weniger als 5 Mio. Euro ist GBS Software im Grunde nicht investierbar – schon gar nicht für institutionelle Anleger. Dafür fehlt es einfach an Handelsvolumen. Dennoch findet boersengefluester.de es unbedingt eine Erwähnung wert, wie sich die Dinge laut dem frisch vorgelegten Geschäftsbericht 2023 entwickeln. Umsatz und Betriebsergebnis vor Steuern sehen auf AG-Ebene zwar weiterhin mau aus, doch mit dem von der ROSAG an die GBS Software abgeführten Gewinn dreht das Nettoergebnis für 2023 mit plus 166.000 Euro deutlich ins positive Terrain.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | ||
Umsatzerlöse1 | 0,19 | 0,25 | 0,25 | 0,15 | 0,12 | 0,12 | 0,16 | |
EBITDA1,2 | -0,30 | -0,31 | 0,05 | -0,25 | -0,32 | -0,34 | 0,00 | |
EBITDA-Marge3 | -157,90 | -124,00 | 20,00 | -166,67 | -266,67 | -283,33 | 0,00 | |
EBIT1,4 | -0,55 | -0,58 | -0,19 | -0,48 | -0,56 | -0,57 | 0,00 | |
EBIT-Marge5 | -289,47 | -232,00 | -76,00 | -320,00 | -466,67 | -475,00 | 0,00 | |
Jahresüberschuss1 | -0,63 | -0,57 | -0,18 | -0,47 | -0,54 | 0,17 | 0,63 | |
Netto-Marge6 | -331,58 | -228,00 | -72,00 | -313,33 | -450,00 | 141,67 | 393,75 | |
Cashflow1,7 | 1,22 | -0,35 | -0,32 | -0,23 | -0,31 | 0,40 | 0,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,65 | -0,50 | -0,05 | -0,47 | -0,11 | 0,11 | 0,43 | |
Dividende je Aktie8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Für Kapitalmarktverhältnisse sind das natürlich Größenordnungen, bei denen niemand in die Luft springt. Doch bereits der Ausblick für 2024 enthält einige Besonderheiten: Zum einen wird die Gewinnabführung von ROSAG an GBS für 2024 schon allein deshalb kräftig steigen, weil der Betrag erstmals für zwölf Monaten fließt und nicht nur – wie für 2023 – nur für ein sechsmonatiges Rumpfgeschäftsjahr. Zudem fallen Firmenwertabschreibungen und diverse andere Posten wie etwa Aufwendungen, die im Zuge des ROSAG-Erwerbs angefallen sind, im laufenden Jahr nicht mehr an. „Insofern erwarten wir für 2024 eine Vervielfachung des Jahresgewinns gegenüber 2023“, heißt es im Geschäftsbericht der Karlsruher.
Kaum valide einzuschätzen bleibt derweil die Entwicklung im Paymentbereich. So heißt es diesbezüglich zwar: „Trotz der mehrjährigen Verzögerungen gehen wir nunmehr davon aus, im Geschäftsjahr 2024 entsprechende Aufträge zu akquirieren. Die bisherigen Vorzeichen stehen hierfür sehr gut.“ Gleichwohl weist der Vorstand aufgrund der labilen weltwirtschaftlichen Situation darauf hin, dass weitere Verzögerungen nicht auszuschließen sind und GBS Pay seine volle Wirkung womöglich erst nach 2024 entfalten könne. Nun: Grob überschlägig könnte auf AG-Ebene für 2024 ein Überschuss von 500.000 bis 600.000 Euro hängen bleiben, was die Aktie dann sogar unter KGV-Aspekten interessant macht.
Noch viel schöner findet boersengefluester.de es jedoch, dass der zunächst etwas skurril anmutende Einstieg ins Recyclinggeschäft so geräuschlos und für alle Seiten vorteilhaft geglückt ist. Immerhin hat eine bis dahin doch nur begrenzt vitale Börsenhülle eine frische Investmentstory bekommen. Dabei plant Vorstand Markus Ernst das Beteiligungsportfolio noch weiter auszubauen. Bleibt zu hoffen, dass sich ab nun mehr Investoren für die Entwicklung interessieren und so nachhaltig Leben in den Chart der GBS-Aktie kommt.
INVESTOR-INFORMATIONEN | ||||||
©boersengefluester.de | ||||||
GBS Software | ||||||
WKN | ISIN | Rechtsform | Börsenwert | IPO | Einschätzung | Hauptsitz |
A3MQR9 | DE000A3MQR99 | AG | 4,18 Mio. € | 12.05.2000 |
Foto: Clipdealer